Quer durchs Mittelmeer

Quer durchs Mittelmeer, dies ist, zeitgemäß ausgedrückt, das Projekt der Überführung eines gebraucht gekauften Segelbootes von Kroatien in die Niederlande.

Ich habe dieses Vorhaben unter anderem auch mit Hilfe von Facebookgruppen vorbereitet und geplant und dort teilweise auch dokumentiert.

Einige dieser Berichte, teilweise jedoch abgeändert, kannst Du hier lesen und so meine Reise, teilweise die Reise meiner Familie, verfolgen.

Sie dauert noch an aber schon heute steht fest, es ist bislang eines meiner größten „Abenteuer“.

Begleite mich auf diesem Weg.


Routenplan

Quer durchs Mittelmeer 

Der Kauf

Die Übernahme

Der Einzug

Die erste Etappe  

Die zweite Etappe

Die dritte Etappe – Komiza nach Bari

Die vierte Etappe – Bari nach Roccella Ionica

Die fünfte Etappe – von Roccella nach Catania

Die sechste Etappe – unterwegs mit neuer Crew

Die siebte Etappe – Licata nach Vilasimius

Die achte Etappe

Quer durchs Mittelmeer –
oder auch
2018 bis 2021 / vom Nichtsegler bis zur Schweden IV in 4 Jahren

Eines vorab, wem lange Texte nicht liegen, dem empfehle ich das schnelle Schließen dieses Beitrages.
Bei den wenigen, verbleibenden bitte ich bereits an dieser Stelle um Verzeihung. Worte sind halt meine Schwäche.

Was versuche ich hier?
Es ist beabsichtigt, mein Unternehmen, die Überführung einer Bavaria 320 von Kroatien , Veli Iz, in die Niederlande, Lelystadt, textlich zu beschreiben, begleiten, erklären und womöglich ein wenig zu entschuldigen.

Ich versuche die einzelnen Etappen so zu beschreiben, dass es für den erfahrenen Segler nicht allzu langweilig und gleichzeitig auch für den Nichtsegler nicht zu unverständlich wird. Ich bin selbst gespannt, ob und wie mir dies gelingt.

Solltest Du aber etwas nicht verstehen, schreib mich einfach an. Ich werde es im Rahmen meiner begrenzten Möglichkeiten erklären. Damit hilfst Du dann sicher auch anderen; denn eines habe ich gelernt. Wenn ich selbst etwas nicht verstehe, geht es oft anderen ebenso.

Wenn ich auch manches humoristisch darstelle, wenn ich auch nicht an jeder Stelle darauf eingehe, welche Gefahren und Risiken dieses Vorhaben in sich birgt, so darfst Du Dir sicher sein, mir ist bewusst, es bestehen teilweise gewisse Risiken und ich trage zu jeder Zeit die Verantwortung für meine Mitfahrer, für mich und mein Schiff sowie auch für alle anderen beteiligten Verkehrsteilnehmer.

Nicht zuletzt auch für jene, welche im Notfall ausrücken müssen um zu helfen.

Ich gehe aber auch schlicht davon aus, dass jene, die gleiches erlebt haben, wissen worum es geht und die anderen können es nicht in Gänze erfassen.

Der Kauf, lange Suche mit schneller Entscheidung

Meine Dufour 2800 ist klasse. Ich habe viel, sehr viel auf ihr gelernt. Hafenmanöver, Genakkerfahren, segeln bei bis zu 9 Bft, Aufschießer im Hafen bei Motorausfall und Bratkartoffeln zaubern, während der Wasserpegel im Boot steigt.

Aber sie wurde zu klein und es musste eine Neue kommen.

Die Suche war lang. Corona machte sie nicht schneller aber dann stieß ich bei E-Bay Kleinanzeigen auf dieses Angebot.







Bavaria 320 Sportline, Bj. 1991 und eine Ausstattungsliste vom Feinsten.

Die Bilder, wow.

Manko, sie liegt, sie lag, in Kroatien, Veli Iz. Luftlinie egal, Seeweg grobe 3000 nM. Dagegen ist eine Atlantiküberquerung distanzmäßig fast schon Kurzstrecke.
Fast.


Das Boot soll von A nach B








Lange Rede, kurzer Sinn.

Es wurde mit dem Anbieter telefoniert, der Kaufvertrag, eine Anzahlung geleistet. Mein Bauchgefühl war gut, auch wenn wir natürlich Gefahr liefen, dass es am Ende ein Fiasko wird.

Dann die Planung.

Nein, ich habe nicht, was die Überführung betrifft, blind gekauft. Ich wusste, wie weit es ist und mir war klar, es würde, gleich wie ich es anstelle, eine Herausforderung, die Maus nach Hause zu bekommen. Es ist halt etwas anderes, ob ich ein Paket mit der Post versende oder eben ein Schiff mit Überbreite per LKW.

Der LKW-Transport war auch von Beginn an eine Möglichkeit unter dreien. Eine.

Dann gab es noch den Weg durchs Binnenland, Frankreich, Schweiz, Deutschland, und zuletzt, eigentlich war es für mich die letzte Wahl, über See, Mittelmeer, Gibraltar, Atlantik, Ärmelkanal, Nordsee, Ijsselmeer.

Angebote wurden eingeholt und zeitgleich geschaut, wie es durchs Binnenland geht.

Die Angebote reichten von 7.000 EUR bis 10.000 EUR. Kostensteigernd wirkte sich hier die Breite von über drei Metern aus, denn diese macht ein Begleitfahrzeug und zusätzliche Genehmigungen erforderlich.

Durch das Binnenland fahren fand ich sehr interessant. Es gibt hierzu einen tollen YT-Channel, welcher jedoch auch gleichzeitig erklärt, warum es für mich nicht ging.  

https://www.youtube.com/watch?v=xnSuxI8lDwk

 

Ich kann diesen Kanal nur empfehlen. Die beiden haben ihre Vindö binnen vom Mittelmeer aus in die Niederlande gefahren.

Tolle Videos. Tolle Fahrt. Aber die 1,65 Meter Tiefgang unter meiner künftigen Bavaria, das würde sehr, sehr knapp. Dazu fehlte mir der Mut.

Und dann geschah genau das, was nicht geschehen durfte.

Je näher ich dem Abschluss des Transportvertrages kam, desto stärker verspürte ich ihn, den Widerstand, den Auftrag zu erteilen.

Diesen Widerstand in mir, viel Geld auszugeben um etwas nicht zu erleben, worum mich wahrscheinlich viele Segler beneiden würden. Um etwas nicht erleben, worum ich mich selbst beneiden würde.

Die Fahrt von Kroatien bis in die Niederlande.

Also, Frage an die Götter des Segelns, den Mitgliedern einer FB-Segelgruppe. Naja, es sind nicht wirklich Götter und Ahnung haben auch nur einige aber wenn man beabsichtigt, dort eine fachliche frage zu stellen, so sollte man sich über Folgendes im Klaren sein.

Ein Großteil der Antwortenden hat die Frage nicht gelesen und antwortet irgendetwas. Ein anderer Teil hat die Frage gelesen aber nichts so ganz verstanden.

Dann noch jene, die es gelesen und verstanden haben aber aus Prinzip immer schon dagegen sind. Weil es nicht geht, weil der Fragende es nicht kann, weil es, ach lassen wir das.

Aber einige wenige, auf die kommt es an, einige wenige lesen, denken und antworten. Diese Antworten herauszufiltern und zu beachten ist die wahre Kunst.

Ich meine jetzt nicht, nur Antworten zu beachten, die mir gefallen, nein wahrlich nicht. Ich meine Antworten, die mich inhaltlich weiter bringen.

Die Antworten waren also spannend bis erheiternd aber lest selbst. Macht Euch Euer eigenes Bild.

Im Ergebnis wurde mir überwiegend mitgeteilt, die Biskaya überqueren im Herbst und Winter geht nicht. Durch das Mittelmeer fahren, im Herbst oder Winter ist verrückt.


Ich weiß, es war von den meisten lieb gemeint aber ich bin halt anders. Verrückt, krank, nenn es wie Du magst aber für mich stand fest, das Schiff wird auf dem einzig richtigen Weg nach Hause gebracht. Von mir. Auf dem Seeweg.

Meine Familie informierte ich dann schließlich auch. Und zwar so, wie man das heutzutage macht, mit einem in den sozialen Medien veröffentlichten Bild, welches alles aussagte, was es zu sagen gab.

Es wurde nicht missverstanden. Sie kennen mich halt.


Es wurden die Flüge gebucht, Frau und Kind wollten mit. Zeitlich konnten wir nur einen Teil der Fahrt gemeinsam absolvieren, da beide schulpflichtig sind. Meine Frau auf der einen Seite des Schulpults und mein Sohn auf der anderen.

Für einen weiteren Teil wollte ich eine Crew zusammenstellen. Wollte ist hier nicht ganz ehrlich aber dazu später mehr.

Die Übernahme


Der Abflug war vorgesehen für Freitag, den 8. Oktober, also dem letzten Schultag vor den Ferien.  Es war ein Direktflug von Köln nach Zadar. Den Taxidienst übernahm ein ganz lieber Freund. Danke dafür auch an dieser Stelle.

Die Flüge waren gebucht, die coronabedingt von der Fluggesellschaft gewünschten Zertifikate wurden hochgeladen. In Zadar war ein Hotel gebucht. Dieses lag direkt in der Nähe des Fährhafens, da wir dort am nächsten Morgen dann mit eben dieser Fähre nach Veli Iz übersetzen würden.

Nur die Fahrt vom Flughafen zum Hotel war nicht geregelt.

Wer mich kennt, der weiß, dieses Maß an Spontanität ist für mich, ich sag mal, wow.

Nur leider verzögerte sich der Abflug und Ihr ahnt es, damit auch  die Ankunft.

Dann dauerte die coronaknforme Abfertigung noch derart lange, dass wir den Flughafen in die Dunkelheit verlassen mussten. Da fehlte dann die Lust, noch einen Bus zu suchen. Also Taxi.

Total nett, wie sie alle kamen und sich sofort anboten. In die Stadt? Zum Fährhafen? Null Problemo. 80 EUR. Extra für uns.

Da ich vorher ein wenig gelesen habe, wusste ich, die Fahrt schlägt mit ca. 20 Euronen zu Buche. Dankend lehnte ich ab und sagte, ich wolle das Taxi ja nicht kaufen.

Angebote prasselten ein, 65, 60, 50. Bei 40 EUR sagte ich zu und 20 Minuten später waren wir am Hotel.

Personal nett, Zimmer top und preislich völlig OK. Und, das war das Wichtigste, wir waren morgens in drei Minuten am Fährhafen.

Abends noch raus, ein wenig dinieren und dann ins Bett.

Frühstück und dann check out. Ab zum Hafen.


Der Himmel zeigte sich von seiner schönsten Seite, so dass es sogar ein wenig Spaß machte, die Verkaufsstelle für die Fährtickets zu suchen. Sie war nämlich weder dort, wo sie laut Plan sein sollte, noch dort, wo man es uns im Hotel sagte. Und nein, ich war nicht der einzige der suchte.

Die Karten für die Fähre, umgerechnet 6 EUR, wurden gekauft und dann ging es los. 55 Minuten von Zadar nach Veli Iz. Die Spannung stieg an.

Nicht vergessen. Wir haben das Boot im Prinzip blind gekauft. Wir konnten also wirklich nicht wissen, was uns erwartet. Wir waren uns von Beginn an als Familie auch einig, es  könnten auch ein paar Tage Urlaub in Kroatien mit anschließender Heimfahrt ohne Boot werden.

Der Einzug

In Veli Iz ankommend sahen wir das gute Stück schon. Sie wartete scheinbar auf uns. Runter von der Fähre mussten wir noch um den ganzen, wirklich den ganzen Hafen laufen. Naja, wenige Meter halt, er ist klein.

Die Verkäufer kamen uns bereits entgegen. Sie schienen nett und offen.
So wie sie am Telefon und in den E-Mails wirkten. So, wie Rheinländer halt sind.
Nur eben kamen die beiden aus Süddeutschland. Man kann nicht alles haben.

Bootsbesichtigung, alles erklärt, viel geredet.

Testsegeln war nicht, Bora war dagegen. Wirklich dagegen.

Aber, der Zustand des Bootes übertraf die Beschreibung bei Weitem. Alles war besser als beschrieben und die „Macken“ wesentlich harmloser als dargestellt.

Wir ziehen ein.

Die Schweden IV gehört von nun an zur Familie. Bislang noch Esmeralda II aber das ändern wir natürlich.

Schnell noch ein paar erste Einkäufe, dann lecker Essen gehen und der Abend war so schnell da, wir waren überrascht.

Die erste Nacht auf dem neuen Boot.

Ich fand sie klasse. Ich bin glücklich.

OK, auch ein wenig skeptisch. Skeptisch wegen dem, was nun kommt.

Quer durchs Mittelmeer.

Die erste Etappe – Veli Iz in Richtung Primosten

So, es war so weit.

Wir durften, wir wollten und wir mussten die Maus testen.

Die Wetterlage habe ich natürlich seit einigen Tagen, was leicht untertrieben ist, genau beobachtet.
Mit wenig Wind war nicht zu rechnen, in Böen spaßig und nachmittags zunehmend.

Für die, die es verstehen. Es herrschte Bora. Morgens ungefähr Bft 3, nachmittags im Schnitt 5 und zwischendurch zeigte sich regelmäßig auch die 7.
Eine lange Strecke planen, in einem unbekannten Gebiet auf einem unbekannten Schiff wäre demnach verrückt. Verrückt bin ich, so hoffe und denke ich, nicht.

Die Windvorhersage

Die Windvorhersage


Unser Segelgebiet

Unser Segelgebiet

So sieht das Ganze in Navionis aus

So sieht das Ganze in Navionis aus




Wir arbeiten an Bord mit Navionics auf drei Tablets. Zur Sicherheit habe auch noch ein passives AIS verbaut, welches mir per W-Lan und NMEA die Daten auf diese Tablets schickt.

Funktioniert gut.

Also wurde der Törn geplant zur Marina Kremik, ca. 50 nM entfernt. Wohl wissend und mit der Crew, also interfamiliär, abgesprochen, dass es unterwegs ausreichend Möglichkeiten gibt, nahezu jederzeit scharf nach links abzubiegen und sich zu verkrümeln.

Den Kurs habe ich als Route in den Plotter, unser Navi, eingegeben.


Schiff also klar gemacht, alles verstaut, da bin ich Monk, und dann ging es los.

Ablegen von der Mooring.

Habe ich Es zwar schon gemacht, gehört es für mich als Nordseesegler, dennoch nicht zu den täglichen Manövern.

Für die Nichtsegler.

Mooring meint, dass man den Popo des Bootes mit mindestens zwei Leinen am Steg befestigt und nach vorne an einer Leine, welche im Wasser liegt.


Man nimmt sie, läuft über das Deck nach vorne, führt die nasse, glitschige und mit Muscheln bewachsene, teilweise messerscharfe Leine nach vorne, zieht sie stramm und befestigt sie an der Klampe. Das Ganze je nach Hafen an einer oder an beiden Seiten des Bootes.

Hierzu muss man wissen,
die Hafenbetreiber schmeißen in einiger Entfernung vom Steg einen Stein ins Wasser, bändseln eine dicke Leine daran, führen diese, auf dem Meeresgrund liegend, zum Steg und befestigen diese so, dass man sie dort greifen oder mit dem Bootshaken aufnehmen kann.




Der kluge Mensch nimmt Handschuhe.

Die Frau jedoch ist eher der Typ cool. Oder vergesslich. Wir kommen darauf zurück.

Aber, machen wir es kurz. Der Wind war mir gnädig, kam direkt von vorne auf die Schnüss. Motor an, in die Achterleinen gedampft, also gefahren und Mooring los.

Gas weg, Leinen hinten eingeholt und schon fuhren wir. Im großen Bogen, versteht sich, denn wie oben beschrieben, dort sind überall Leinen im Wasser.

Perfekt. Ich habe nicht einmal geschwitzt. Wenn ich da an mein erstes Ablegemanöver in Lelystadt, ohne Wind, denke, da war ich platschnass.

Raus aus dem Hafen und erst einmal motoren. Schauen, wie er sich macht, wie er reagiert, wie man aufstoppen, also bremsen kann.

Perfekt.


Hisst die Segel hieß es und wenige Minuten später war das Groß oben. Im ersten Reff, versteht sich.

Reff bedeutet vereinfacht, ich setze das Segel so, dass es nicht ganz draußen ist. Weniger Segel, weniger Angriffsfläche für den Wind, weniger Krängung (Neigung), weniger Stress.

Gang raus, Maschine stopp. Ich liebe es, wenn es leise wird, wenn man das Wasser vorbeirauschen hört und es friedlich ist.

Den Ort des Geschehens kann man auf der gelben Linie gut erkennen. Es ist das Z.

Dann ging es unter Segel immer der geplanten Route entlang. Die gelbe Linie ist unser tatsächlich gefahrener Kurs.

Der Wind nahm gegen Mittag zu und stieg auf durchschnittlich 22 Knoten. Wenn er mal auf die 16 oder 17 fiel, fühlte es sich fast langweilig an. Aber auch die 29 Knoten zeigte der Windmesser an. Aber nicht oft. Nicht wirklich oft.

Für die Nichtsegler nur soviel. Das ist nicht wenig Wind, da geht was ab.

Bora, also Halbwindkurs, bedeutet Schräglage. Aber das war gar nicht so schlimm. Wieviel Grad kann ich nicht sagen, denn den Krängungsmesser, ja Petra, KränGung, nicht KränKung, am Kompass habe ich erst zwei Tage später entdeckt.

Dann war es traumhaft. Wer die Gegend kennt, der weiß es, wer sie nicht kennt, der sollte es schnell ändern.

Diese Inseln. Einfach der Wahnsinn.

Es lief so gut, zu keinem Zeitpunkt haben wir daran gedacht aufzuhören.

Abends liefen wir dann in den Hafen ein. Es war bereits ziemlich dunkel.

Traumhaft.











https://youtu.be/Z9t5voGmZsM

Spannend beim Anlaufen des Hafens war, dass man auf der Karte die drei roten „Leuchtfeuer“ erkennt. Sie erleichtern die Einfahrt ungemein. Blöd, wenn man das letzte derer nicht sieht.

Lustig dann, wenn man, gerade in den Hafen einlaufend, den Hafenmeister winken sieht und erkennt, wie er das dritte Leuchtfeuer einschaltet. Zack, da war es dann.



https://www.youtube.com/watch?v=ztSSlERBl-0

Angelegt am Finger, nix Mooring und gut war es.

Boot klar gemacht, Anlegebierchen getrunken und. Schwupps war ich Haia.

Die Familie hat sich noch sozial-kulturell fortgebildet. Türkisch für Anfänger auf PrimeVideo.

Marina Kremik

Türkisch für Anfänger

Geben Sie hier Ihre Überschrift ein

Die zweite Etappe – Kremik nach Komiza /Vis

11.Oktober 2021

Wie sollte es schöner sein.

Man wird wach und sieht über sich den blauen Himmel.

Am liebsten würde ich direkt die Leinen loswerfen und die Fahrt fortsetzen.

Aber es gibt sie auch im unendlich freien Seglerleben.

Die Formalitäten.

Als wir gestern angelegt haben, kam nur einer der netten Hafenmenschen, Marinieros, und bat mit wenigen Worten um Übergabe der Bootspapiere. Es klang ungefähr wie „Paper. Paper!“

Paper gegeben und er war weg. Verschwunden in der Nacht.

Am heutigen Morgen mussten wir also ins Office und die Paper wiederholen im Tausch gegen das Liegegeld.

382 Kunar für eine Nacht. Völlig OK.

Dann noch ein wenig Einkaufen und anschließend zum wichtigsten Teil.

Der Planung, wo es hingehen soll.

Da war was.

Wir müssen ausklarieren, wenn wir Kroatien verlassen wollen.

Ausklarieren ist wie Grenzübergang spielen, eben nur im Hafen. Wie das genau geht, wusste ich nicht, noch nicht. Ich wusste aber, dass es nicht überall geht.

Claudia ermittelte die Marina Komiza auf Vis als geeigneten Anlaufpunkt.

Das Ziel stand fest.

Komiza.

Mit ca. 35 nM ein recht kurzer Schlag und der Wind war wie am Vortag angekündigt.

Nur dieses mal hielt er sich nicht daran. Am Vormittag maximal Bft 3 und die nicht als Halbwind, sondern eher Raumschot.

Für die Nichtsegler, das bedeutet, Wind von hinten, das Boot schaukelt auf den Wellen
hin und her. Für mich nicht der schönste Wind.

Mittags nahm er zu, um abends wieder abzuflauen.

Seglerisch ein recht entspannter Tag, nur halt ein wenig länger, da wir es im Schnitt nur auf 4,1 Knoten brachten.

 

Nix mit wirklichem Bora.

Aber schön war es.












Am Ziel angekommen, offenbarte sich Komiza zumindest schneller als Kremik. Man konnte die Stadt und den Hafen direkt erkennen.

Das Bojenfeld und die feste Hafenanlage waren sofort zu erkennen.

Das Bojenfeld, eine Art Parkplatz für Boote, wo der Betreiber wieder dicke Steine mit Leinen und Bojen zum Festmachen ins Wasser geworfen hat, war ziemlich voll und der Steg, den Claudia zum Längsanlegen herausgesucht hatte, war eine Mooringanlage, welche bereits vollständig mit Masten besiedelt war.

Also, reinfahren und hoffen, dass uns ein Schlauchboot entgegenkommt, um uns einzuweisen; denn am Funk reagierte niemand.


Es kam niemand, also gewendet. Dann jedoch wurde es hektisch am Steg. Man rief uns zu, wir haben ein kleines Boot, wir sollen dazwischen kommen.
Kleines Boot! Wie gemein.
Aber wo sollten wir hin? Da war kein Platz. Oder?
Doch. In der Ecke lag ein Boot des Hafenbetreibers. Das Wurde verholt und da waren dann gefühlte 1,9 Meter freie Breite.
Vaseline raus, rückwärts Anlauf genommen und butterweich in die Lücke. Es passte und alles war gut.
Wir lagen. Papiere waren auch wieder weg.
Kurz Klarschiff gemacht und dann in die Stadt. Klein, schnuckelig, touristisch. Schön.
Pizza gegessen und dem Kind Pipi zu trinken beschafft und dann ins Bett.
Ein rundum gelungener Tag.


Die dritte Etappe – Komiza / Kroatien nach Bari / Italien

Die dritte Etappe – Komiza / Kroatien nach Bari / Italien

Nun war es soweit. Für jene, die sich erdreisten, nicht alle meiner Texte zu lesen, wiederhole ich mich in Kurzform.

Ich, damals noch jung, bekam mit, wie wir als MoBo-Isten windbedingt an den Hafen gebunden waren, während einige Segler ihren Trip von Jugoslawien, als ich jung war hieß es so, nach Italien planten.

Es war ein prägender Augenblick.

Nun habe ich es auch erreicht. Ich möchte nach Italien. Nicht mit der Lufthansa oder, bei mir realistischer, mit Ryanair, nein, auf eigenem Kiel in eigener Verantwortung.

Knappe 50 Jahre hat es gedauert bis hier hin.

Ich weiß, viele werden denken, ein Katzensprung, Mittelmeer ist ein Binnensee und man selbst war schon viel weiter unterwegs und Wellen unter 15 Meter hat man nie erlebt aber für mich war es ein tolles Gefühl.

Am nächsten Morgen musste dann geplant werden. Wann wollen wir wo genau hin. Hierbei muss man wissen, wenn man ausklariert hat, muss man in Kroatien, zumindest offiziell, innerhalb einer Stunde den Hafen verlassen und auf direktem Kurs in Richtung Landesgrenze fahren. Man muss, zumindest hier in Kroatien, auch angeben, welchen Hafen man gedenkt anzusteuern.

Ob es kontrolliert wird?

Keine Ahnung.

Ich studierte die Karten und erkundigte mich im Internet.

Der Hafen muss geöffnet sein. Nein, außerhalb der Saison sind dies nicht alle. Er sollte eine Tankstelle sein Eigen nennen, was auch nicht überall gegeben ist und ich muss dort einklarieren können. Ist wie Ausklarieren, nur umgekehrt.

Ich legte mich auf Bari fest. Bari bot alles, was ich brauchte und einiges, was ich nicht brauchte. Und auch nicht wollte. Egal. Es geht nach Bari.

Bari war auf dem Seeweg ca. 120 nM entfernt. Ich plante 24 Stunden Fahrtzeit ein. Und ja, vergesst es, das sind Werte, über die Autofahrer und auch Radfahrer, mitunter sogar Fußgänger nur lachen können. Aber niemand derer schafft es über den Wasserweg.


Wir wollten irgendwann zwischen Mittag und frühem Abend dort ankommen, also mussten wir so zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr ablegen, demnach, wir denken an die Stundenfrist der Kroaten, um 13.00 Uhr ausklarieren.

Praktisch hieß das für uns, zuerst einkaufen gehen. Danach haben wir die Stadt und auch die höher gelegene Kirche samt Friedhof komplett abmarschiert.

Nur nebenbei, während ich den Friedhof besuchte, rief mich mein Bankmensch an. Ich hatte um Rückruf gebeten. Das ist deshalb wichtig, weil ich ihn in diesem Telefonat darum bat, den verbleibenden, nicht unerheblichen Restbetrag für den Kaufpreis des Bootes doch bitte anzuweisen.

Es klappte. Danke VR-Bank.







Es war  wirklich schön. Stadt und Umgebung lohnen sich. Dann den Hafenmeister bitten, die Polizei zu rufen.

Ja, es wird die Polizei gerufen, dann kommen zwei Beamte, besetzen das Büro, schauen sich viele Unterlagen an, füllen Formulare aus und sagen dann, man müsse jetzt sofort fahren. Jetzt!

Sie waren aber sehr nett. Besonders nett war, als Sohnemann angelaufen kam, ihm tat die Hand weh, ging die Beamtin zum nächsten Stand und schnorrte dort ein paar Kekse für das Kind.

Dann ging es raus. Die Abfahrt war easy. Alle, wirklich alle Boote haben die Moorings verlassen.

Für uns hieß es dann auch raus.

Die erste Fahrt über 120 nM am Stück für uns.

Für mich sollte es die erste komplette Nachtfahrt werden. Sicher bin ich schon einige male bei Dunkelheit gefahren, habe nachts geschleust, an- und abgelegt aber eine ganze Nacht? Und dazu wirklich draußen, ohne Lichter von der Küste? Das wird ein neues Gefühl

Zum Glück blieb kein Raum für Nervosität, denn zunächst einmal ist man ja in seinem Arbeitsablauf.

Irgendwann wurde es düster und ich merkte, jetzt wird es wirklich Nacht.

Ich kann nur sagen, es war zum Heulen schön.

Es kam der Augenblick, da war ich dann alleine im Cockpit. Frau und Kind ruhten. Der weibliche Teil der Crew nur für mal eben. Versteht sich.

Ich konnte alleine im Cockpit stehen und das Nichts um mich herum bewundern. Die Milchstraße anhimmeln und den roten Mond verschwinden sehen. Als er weg war, war es dunkel. Wirklich dunkel.

Die Segler unter Euch bitte ich, nun eben wegzulesen. Ich bin, nachdem Augenschein und AIS versicherten, ich bin alleine auf dem Wasser, runter und habe die Positionsleuchten ausgeschaltet.

Wow, es ist lange her, dass ich es so dunkel erlebte. Es war so dunkel, die Milchstraße hätte mich fast blenden können.

Unbeschreibbar.

Ich glaube mein Grinsen ging quer durch mein Gesicht.

 

 

Nach fast genau 12 Stunden Fahrtzeit war es dann soweit. Ich überquerte die Staatsgrenze von Kroatien nach Italien.

Und nein, ich stürmte nicht aufs Deck und wechselte die Gastlandflagge.

Für die Nichtsegler. Hinten am Boot habe ich die deutsche Fahne und oben rechts weht immer die Flagge des Landes, in dem ich mich als Gast aufhalte. Es ist übrigens eine Flagge, keine Fahne. Fahne hat der, der trinkt. So immer mein Segellehrer.

Warum wechselte ich nicht. Der erste Grund war vernünftigen Ursprungs. Ich gehe nachts, wenn ich alleine an Deck bin, bestimmt nicht ohne triftigen Grund aus dem Cockpit, gleich, ob ich eingepickt, also angebunden, bin, oder nicht.

Der zweite Grund war eher praktischer Art. In Kroatien beantwortete man meine Frage, wo ich eine italienische Flagge erstehen könne, ganz logisch mit Italien.



Die Nacht war ruhig, die Fahrt war klasse. Ich sang mir die Seele aus dem Leib und war happy.

Irgendwann wechselte ich in den Dös-Rhythmus. 25 Minuten die Augen zu, im Cockpit liegend, dann gründliche Kontrolle der Umgebung und des Plotters. Und wieder von vorne.

Es wurde morgen.

Ich erkannte es daran, dass der weibliche Teil der Mannschaft, welcher sich für einen kurzen Schlaf zurückgezogen hatte, nach nunmehr 9 Stunden, in Worten neun Stunden, erwachte und ins Cockpit kam.

Wir fuhren weiter, leider unter Maschine, da der Wind es hielt wie die Frau, also, er ruhte sich kurz aus. Man sieht die Stadt und dann geht es so weiter. Für einige Stunden.

 

Später haben wir dann die Hafeneinfahrt erreicht. Vorsicht ist geboten, denn von Bari aus fahren auch Fähren, Kreuzfahrt- und Frachtschiffe. Die benutzen auch MEINE Einfahrt.

Alles klappte. Dann eine große Runde durch den Hafen. Niemand war dort. Also wieder raus und zuerst an die Tankstelle und Diesel bunkern. Bunkern meint tanken aber das wäre für Segler sprachlich zu normal.

An der Tankstelle erwartete uns Ravi. Er erwies sich als die gute Seele des Hafens. Hafenmeister, Tankwart, Buchhalter, Polizeiherbeirufer und was es sonst noch gibt.

Er war nett. Half uns beim Anleger an der Tankstelle, wenn ich ihn auch deutlich von meiner Reling verweisen musste, gab uns einen Liegeplatz im Hafen und rief halt auch die Polizei. Wir bezahlten bei ihm das Liegegeld und am Ende klagte er uns noch sein Leid. So viel Arbeit. Und ja, ich muss sagen, ich möchte den Job nicht machen die 38 Stunden-Woche ist bei ihm wohl Mitte der Woche rum.

Für die Nichtsegler. Die Reling ist sozusagen der Zaun an Bord. Sieht gut aus, kann nicht viel. Wer von außen daran zieht, der richtet meist unangenehmen Schaden an. Daher Finger weg von der Reling.


Abends ging es dann noch per Bus in die Stadt. Baris Außenbereiche sind, ich formuliere es diplomatisch, nicht mit überragender Schönheit geplagt aber der Stadtkern ist sehr schön.

Es war laut, viele Menschen und vor allem viele Motorroller. Nicht auf den Straßen, nein überall, in den engsten Gassen. Wo ein Roller durchpasst, da kommt ein Roller durch. Und wo kein Roller durchpasst, da wird der Roller angepasst bis er durchpasst.

In der Stadt ein wenig gegessen und dann nach Hause. Ich war platt.

Es folgte eine bewegte Nacht und ich meine hier nichts nicht jugendfreies. Es war derart stürmisch, dass das Boot schaukelte wie wild. Auf der Kirmes gibt man Geld aus um das zu erleben. Gleich vorweg, es wurden zwei Hafentage und Hafennächte.

Am nächsten Tag ging es dann wieder in die Stadt. Bei Licht sah man erst, wie schön sie ist und wie gemütlich. Viel ruhiger.


Wir flanierten von der einen Seite zur anderen, wir gingen über die obere Stadtmauer und dann wieder durchs Zentrum.

Dort gab es Pizza. Wow. Und da es sein konnte, dass der Zwerg friert, wurde er von der Chefin dort ungefragt in eine Decke eingepackt und bekam anschließend eine Wärmflasche dazu.








Er schaute überrascht, genoss es aber offensichtlich.

Ab zum Boot. Unterwegs noch eine italienische Flagge gekauft und versucht, eine Patrone für meine Rettungsweste zu bekommen. 56gr, gab es nicht.

Warum? Weil meine Weste doof ist. Mitten in der Nacht, schon in italienischen Gewässern, machte es Bumms und die Weste blähte sich auf. Der Auslöser war trocken, der rote Zippel für die manuelle Auslösung war verpackt. Einfach so. Es ist das dritte mal, dass dies passiert.

Egal, ich habe Ersatzwesten an Bord.

Unser Aufenthalt in Bari war schön.

Nein, es ist nicht die Stadt, welche ich gezielt für einen Urlaub ansteuern würde und eine Wohnung dort bräuchte ich auch nicht.

Es war aber die Stadt, welche ich anlief, als ich mir meinen lange gehegten Traum erfüllte. Es war die Stadt, welche mir dann an zwei stürmischen Tagen Schutz bot, welche mich freundlich aufnahm.

Danke Bari.

Und ich danke Ravi. Mir als Anfänger im grenzüberschreitenden Seglerleben hat er einiges erleichtert und als wir sagten, dass wir fahren, sagte er nur, wenn wir noch einmal kommen, sollen wir ihm bescheid sagen, wir bekommen eine Reservation. Einfach nett.

Und ich muss an dieser Stelle beichten. Wir sind maximal-dunkelfarbig, in altdeutsch schwarz, gefahren.

Nicht weil wir wollten, nein, wir wussten nicht, wie man dort ein Busticket kaufen kann. Die Busfahrer weigern sich, ein Wort zu reden. Auch gegenüber Einheimischen erwiesen sie sich als äußerst wortkarg, und die angegebene App lies sich nicht herunterladen.

Aber wir hatte Glück.

Es war nun Zeit zu gehen. Die Reise führt uns weiter in Richtung Süden.

P.S.:

Ich bin es ja noch schuldig.

Mooringleine, Handschuhe und der Frau ihr mangelnder Gehorsam.

Backbordleine, Muschel, Schnitt in der Hand. Zum Glück nur ein Kleiner. Nun nutzt sie Handschuhe.

Hoffe ich.

Die vierte Etappe – von Bari nach Roccella Ionica

Der Sturm um Bari lies nach und die Wettervorhersage prognostizierte uns mindestens drei Tage mit segelbarem Wetter.


Segelbar heißt für mich zunächst, der Wind muss zumindest grob aus einer brauchbaren Richtung kommen.

Voll auf die Nase auf einem Überführungstörn brauche ich nicht unbedingt.

Für die Nichtsegler kurz erklärt.

Man kann fast jedes Segelboot bei fast jedem Wind segeln. Wenn er von hinten, von schräg hinten, von der Seite und auch von schräg vorne kommt. Nur, kommt er von vorne, dann geht nichts. Dann muss man den Kurs, also das eigentliche Ziel soweit zur Seite verschieben, dass der Wind wieder von schräg vorne kommt. Man fährt hart am Wind.

Alles, was man dann aber in die eigentlich nicht gewollte Richtung fährt, muss man auch wieder zurückfahren. Man kreuzt vor dem Wind um so ins Ziel zu gelangen.

Macht eigentlich Spaß und bringt, zumindest gefühlt, Dynamik. Auf einer langen Tour hingegen bedeutete es Dauerbelastung und viel mehr Meilen. Das braucht man nicht.

Und der Wind muss in erträglicher Menge kommen.

Zu wenig Wind ist doof aber dafür gibt es dann den Motor. Der nervt aber Watt muss, Datt muss.

Anders sieht es aus, wenn es zuviel Wind ist. Hier gehen die Ansichten auseinander.

Der eine bleibt bei Windstärke drei im Hafen, der andere bekommt erst bei sieben das Grinsen.

Ich liege irgendwo dazwischen. Wenn fünf bis sieben angesagt sind, gehe ich eigentlich raus, insbesondere, wenn dieser Wind von der Seite oder schräg hinten kommt.

Angesagt war ein Wind von hinten mit der stärke fünf Beaufort, in Böen auch sechs.

Also war es beschlossen, es geht los.

Gegen 10.00 Uhr hieß es Leinen los. Wir setzten die Segel unmittelbar im Hafen, da wir wussten, sobald wir den Schutz der massiven Hafenumrandung verlassen würden, wäre Schluss mit dem ruhigen Wasser.


Abgesehen davon herrschte Wind aus nordwestlicher Richtung. Sollte dies zwar bedeuten, dass wir ihn auf dem Törn insgesamt von hinten abbekommen, da es ja in südöstliche Richtung ging, so mussten wir zunächst ein Stück gegen den Wind kreuzen, um aus dem Hafen zu gelangen und einen angemessenen Abstand zur Küste zu erreichen. Also kreuzten wir.

Es war wellig aber wir konnten direkt sehen, wie richtig die Entscheidung war, dies unter Segel zu machen.

Nicht weit vor uns fuhr ein Segelboot, größer als unsere Schweden IV, nur unter Motor. Wow, die wurde durchgeschüttelt.

Es galt also der Satz, ein Segelboot ist zum Segeln da!

Dann Kursänderung in Richtung Südosten.

Während wir den Kurs änderten wart ich mit Segelkram beschäftigt, als ich die weibliche Crew frohlocken und nach dem Kinde rufen hörte.

Sie hat einen Delfin gesehen. Mir blieb dieses verwehrt. Einer muss sich ja um das Boot kümmern.

Kind kam auch nicht nach oben, so dass sich nur der Traum der Frau erfüllte.

Endlich einen Delfin in freier Wildbahn zu erleben.

Ich war sicher, ich werde auch noch welche sehen.

Ich sage jetzt soviel. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Nachdem wir dann auch unseren Kurs abgefallen sind, ging es eigentlich ruhig weiter.



Es gab kein genaues Ziel, da wir nicht wussten, wann wir wo sein werden. Einzig einen Wunsch hatte ich, ich wollte den Absatz umrunden, also den südöstlichen Zipfel Italiens.

Das spannende am Segeln ist, zumindest für mich, es erfolgt eine vollständige Verschiebung aller Maßstäbe.

Egal, worum es geht, es ändert sich. Man betrachtet Entfernungen, Geschwindigkeiten, Zeiten und Wetterumstände auf einmal ganz neu.

Man freut sich, wenn man 5,5 Knoten und eben nicht nur 5 Knoten fährt.

Bedenkt, es geht grob um 10 oder 11 km/h. Man akzeptiert für eine Strecke Stunden zu brauchen, die man sonst wie im Flug hinter sich bringt und Wind, der einen daheim überhaupt nicht interessiert, wird zum entscheidenden Faktor.

So fuhren wir in den Abend hinein und es wurde Nacht. Wir schauten gefühlt stundenlang auf den selben Leuchtturm und es schien sich nichts zu ändern.



Irgendwann merkt man, man sieht ihn inzwischen aus der anderen Richtung und freut sich.

Die Fahrt ging flott, im Durchschnitt knapp über fünf Knoten.

Wir entschieden uns Leuca und auch das ionische Meer zu passieren.

Das bedeutete praktisch, dass wir da durch müssen, denn einmal dort, gibt es keinen Hafen bis ungefähr in Crotone.


Crotone hatte ich als Ziel vorgemerkt. Ich habe vor kurzem ein Video von dort gesehen. Ein schöner Ort.

Wir kamen aber so gut durch, dass wir entschieden, weiter zu fahren.

Wir wollten auch noch h den Golfo di Squillace passieren um anschließend dann in die Marina Roccella einzulaufen.

Das Wetter war toll, der Wind stand gut.

Noch einmal zu den veränderten Werten der Wahrnehmung. Bei 5 Knoten schaffen wir eine Strecke von 120 nM, also ca. 240 kM am Tag, also in 24 Stunden!

Wir fuhren also weiter und in die zweite Nacht hinein.

Ziemlich genau nach 24 Stunden erreichten wir Roccella Ionica. Wir haben 266,2 nM am Stück hinter uns gebracht. Unser längster Törn bislang. Zwei Nächte auf See.

Danke der Crew, danke der Schweden IV. Es hätte nicht besser gehen können.

Im Hafen angelangt war niemand zur Einweisung da. Wir suchten uns einen Steg aus und legten an mit einem Manöver wie aus dem Bilderbuch.

Anschließend angemeldet und dann abschalten.



Das Schöne war, wir waren alle nicht wirklich müde. Die Euphorie, soweit gekommen zu sein und die Sonne leisteten Wunder.

Also organisierten wir uns ein Taxi in die Stadt und schlenderten ein wenig.

Es gibt eine alte Ruine in Roccella, welche man von See aus bereits sieht. Dort wanderten wir hinauf. Wirklich hinauf.

Die Aussicht war toll, im Hintergrund konnte man den Äthna bereits sehen. Dieser liegt auf Sizilien, unserem nächsten Ziel.


Erwähnenswert ist die Taxifahrt. Die Fahrt kostet 10 EUR, In die Stadt und das Gleicht für den Rückweg. Als wir in der Stadt ausstiegen und ich bezahlen wollte hieß es nur, nein, machen wir nach dem Rückweg. Wir sollen ihn anrufen und sagen, where you stopped.

Gesagt, getan. Er kam prompt. Die Fahrt war ein Erlebnis. Nichts konnte ihn stoppen, außer die Hubbel zur Verkehrsberuhigung. Die machten Eindruck.

Er brachte uns direkt bis an den Steg und als wir ihm die vereinbarten 20 Euro plus 5 Euro Trinkgeld geben wollten, weigerte er sich zunächst, diese anzunehmen.

Aber da gab es nichts! Wir setzten uns durch.

Abends begaben wir uns dann noch per pedes an den Strand. Es war bereits dunkel. Wir mussten das Hafengelände hierfür verlassen und außenherum gehen. Es war dennoch schön.


Bereits als wir den Hafen verließen, staunten wir über die Menschenmengen dort. Viele Menschen, ein Rotkreuzzelt und Polizei.

Als wir wiederkamen war es noch mehr. Wir wollten eigentlich noch an das andere Ende des Hafens gehen, dort befand sich ein Bootsfriedhof, ließen hiervon jedoch ab.

Die Geräuschkulisse ließ vermuten, dass dort, ich formuliere es nett, keine gute Stimmung herrschte.

Ich erfuhr über das Internet, dass dieser Hafen offensichtlich zumindest ein italienischer „Umschlagplatz“ für in Lampedusa befindliche Flüchtlinge ist.

Gleich wie man zu dem Thema Flüchtlinge steht, komme ich nicht umhin zu sagen, Europa schäme Dich.

So geht man nicht mit Menschen um. Ich muss immer wieder feststellen, dies ist nicht mein Europa. Weder lässt mein Europa Italien derart alleine, noch geht mein Europa so mit Menschen um.

Hierzu noch eine kleine Episode.

Im Hafen befindet sich eine Gedenktafel.

Ein Bild des Alan Kurdi.

Wir mussten unserem Sohn erklären, wer dies war und was ihm geschah.

Erklären, welch ein Hohn. Wir konnten es nur berichten, erklären kann man es nicht.

Am Strand sammelte er Steine. Er liebt Steine. Er sammelt sie. Er wirft sie ins Wasser. Er spielt damit.

Er ging anschließend zur Tafel, legte die Steine darunter und sagte, Alan hätte sicher gerne damit gespielt.

Ein Hoffnungsschimmer.

Wird er es wahrscheinlich besser machen als wir es gemacht haben.

Ich wiederhole mich. Europa, schäme Dich.

Dann im Boot angekommen, forderten die vergangenen zwei Nächte, der fehlende Schlaf, ihren Tribut.

Ab in die Koje. Nachtruhe.

Am nächsten Tag sollte es weiter gehen. Darüber später mehr.

Die fünfte Etappe – von Roccella nach Catania

Nach einem Hafentag in Roccella steht die Weiterfahrt in Richtung Catania an.

Catania ist unser Anlaufpunkt auf Sizilien. Es wäre bei circa 80 nM eine reine Fahrtzeit von bestenfalls 16 Stunden. Bestenfalls, eher wesentlich mehr.

Wir wollten zum einen unbedingt einmal ankern und wir dachten, nein wir wussten, dies würde dem Jüngsten sehr gut gefallen.

Um es für ihn noch angenehmer zu machen war Abfahrt für 04.00 Uhr geplant, denn dann verschläft er einen großen Teil der Tour.

Gesagt getan.

Um 03.30 Uhr war die Nacht vorbei. Alles vorbereiten und um 03.50 Uhr ging es dann los.

Aus dem Hafen raus, was sich wieder spannend gestaltete, denn das mit dem Freibaggern nehmen die Italiener zu dieser Zeit des Jahres nicht ganz so eng.

 

 

So kam es, dass dort, wo eigentlich ausreichend Raum unter dem Kiel sein sollte, sich auch einmal 0,3 m Wasser unter eben selbigen zeigten.

Zumindest ich werde dann ein wenig unruhig.

Aber es passte. Wir waren draußen und es ging noch unter Motor an einigen Ankerliegern vorbei um dann Segel zu setzen.

Motor aus.

Ruhe.

Nicht schnell aber beständig fuhren wir unseren Kurs. Es ist traumhaft, wenn man erlebt, wie es alleine der Wind ist, der das Boot antreibt.

Und das Kind? Es schlief den Schlaf der Gerechten. Er hat es sich verdient.

Die Fahrt war unspektakulär, will heißen, nicht viel aber ausreichend Wind und nach Sonnenaufgang ein schlichtes Traumwetter.

Es ließ das Wasser so türkis erscheinen, dass man es nicht glauben wollte.

Nach ungefähr sieben Stunden Fahrtzeit, also gegen 11.00 Uhr, kamen wir am vorgesehenen Ankerplatz an.

Nun ging es ans Ankern.


So oft habe ich das noch nicht gemacht. Klar, im Ijsselmeer, insbesondere wenn der Wind nicht reichte, um uns zu vertreiben. Einmal auch in der Nordsee, im Wattenmeer im Fahrwasser, als Notankern, da wir ein Maschinenproblem hatten aber im Mittelmeer?

Ok, in der Theorie gelernt habe ich es als bekennender Scheinfetischist und nun ging es ans Umsetzen.

Für die Nichtsegler eine kurze Erläuterung.

Vereinfacht dargestellt darf jeder, der ein paar vorgegebene Antworten angekreuzt und ein Schlauchboot halbwegs sicher an den Steg gebracht hat, weltweit so fast jedes Segelboot fahren, auch wenn er es nicht kann.

Daher kann man sich fortbilden und weitere Sachkundenachweise erlangen. Sozusagen freiwillig zusätzliche Führerscheine erwerben.

Nun gibt es jene, die solche „Scheine“ haben aber nie segeln, das ist doof. Ist ungefähr so als ob ich jemanden operieren möchte und glaube ich kann es, weil ich ein Buch darüber gelesen habe.

Viel verbreiteter sind aber jene Segler, die seit dreihundert Jahren segeln, nie einen Schein gemacht haben, es oftmals auch nicht auf die Reihe bekämen ihn zu machen, und dann über jene, solche wie mich, die die Scheine gemacht haben, ablästern.

Daher bin ich bekennender Scheinfetischist. Ich meine, praktisches Lernen und theoretisches Wissen schließen sich nicht gegenseitig aus.

Stelle abgefahren, Tiefe geprüft, Ankergrund war gut und runter mit dem guten Stück.

Der erste Versuch war nicht ganz zufriedenstellend, denn ich hatte nicht den Eindruck, dass ich das Boot in Rückwärtsfahrt festsetzte.

Beim Zweiten passte es.

Position im Ankeralarm und bei Navionics markiert und gleichzeitig drei Positionen angepeilt. Fertig.

Ankeralarm ist ein GPS-gestütztes System, welches mir sagt, wenn das Boot weiter treibt als es sollte. Habe ich zum Beispiel 30 Meter Kette draußen, darf das Boot mathematisch gesehen maximal einen Kreis von weniger als 60 Metern ausnutzen. Werden es mehr, muss ich handeln.

Peilen bedeutet, dass ich mir die Richtung zu einem Ort an Land notiere. Das Ganze mindestens zweimal und ich weiß, auf dem Schnittpunkt der Linie muss ich liegen. Ändert es sich, sollte der Ankeralarm schon gelpiepst haben.

Warum das Alles? Weil man es nicht merkt, wenn der Anker nicht mehr hält und wenn man es dann merkt, kann das echt doof werden.

So, da lagen wir nun. Ich kontrollierte die Peilung aber alles war gut. Also ab ins Wasser. Kind und ich gingen baden.

Einfach schön.

Irgendwann dreht der Wind, er wurde auflandig. Das Boot lag alles andere als ruhig und Claudia hatte merklich Probleme damit.

Da für mich klar war, ich würde dort, aus Sorge um den Anker, so oder so keine Minute schlafen können, entschieden wir uns, die Fahrt am frühen Abend fortzusetzen.

Gegen 17.30 Uhr hieß es Anker einholen und losfahren. Wir fuhren dieses Manöver unter Segeln, weil der Wind gut war und wir den Motor nicht hören wollten.

Außerdem wollte ich es einfach einmal ausprobieren.

Alles ging gut und wenige Augenblicke später fuhren wir in Richtung Catania. Oder eher nicht, da wir ja kreuzen mussten.

Irgendwann dreht der Wind, er wurde auflandig. Das Boot lag alles andere als ruhig und Claudia hatte merklich Probleme damit.

Da für mich klar war, ich würde dort, aus Sorge um den Anker, so oder so keine Minute schlafen können, entschieden wir uns, die Fahrt am frühen Abend fortzusetzen.

Gegen 17.30 Uhr hieß es Anker einholen und losfahren. Wir fuhren dieses Manöver unter Segeln, weil der Wind gut war und wir den Motor nicht hören wollten.

Außerdem wollte ich es einfach einmal ausprobieren.

Alles ging gut und wenige Augenblicke später fuhren wir in Richtung Catania. Oder eher nicht, da wir ja kreuzen mussten.


https://youtu.be/Oyup7YlWdGc

Aber es war besser am Wind zu kreuzen als vor Land zu Schaukeln.

Wir kreuzten bis ungefähr Mitternacht und konnten dann dank des gnädigen Windes direkten Kurs auf Catania nehmen.






Nach dem Sonnenaufgang zeigte er sich, der Äthna.

Was vorher so fern war, erschien plötzlich so nah. Er rauchte, er ist aktiv. Das konnten wir dann einige Stunden sehen, denn wenn man einmal Land gesehen hat, dauert es dennoch sehr lange, bis man es erreicht.

Insbesondere, wenn man Strömung und Wellen gegen sich hat.

Wir machten daher noch einige Schläge um dann am Verkehrstrennungsgebiet vorbei in den Hafen einzufahren.



Ein Verkehrstrennungsgebiet ist so etwas wie eine Autobahn auf dem Wasser.

Feste Richtungen, strenge Regeln und eine entsprechende Überwachung.

Aus eigenem Interesse sollte man sich von solchen Gebieten fernhalten oder eben, wenn man sie befährt, die Regeln genau beachten.

Denn dort fahren, insbesondere an solchen Einfahrten, viele große Boote und die sind verdammt schnell.

Im Hafen angekommen kurvten wir erst einmal durch die Gegend.

Gesucht war eine Tankstelle, denn ich hatte die Info, dort gäbe es eine.

War eine Fakeinfo.

Dann fuhren wir die beiden Häfen an, damit Frau den richtigen aussuchen konnte, also den, den ich zuerst anfuhr. Aber so waren alle zufrieden und wir hatten eine schöne Hafenrundfahrt.

Das Anlegemanöver lief perfekt, wobei es eines noch anzumerken gibt. Dazu gleich.

Der Hafenmeister wies uns ein, zeigte uns die Moorings, die Leinen, die sonst im Wasser liegen und welche man an das Boot bindet und sagte dann irgendetwas und ward verschwunden.

Nachdem Claudia unsere Heckleinen am Boot befestigt (belegt) hat und ich den Gang eingelegt hatte, hielt uns der Motor in Vorausfahrt und Claudia hatte Zeit, die Mooringleinen aufzunehmen und nach vorne zu führen.

Ok. Capo sagte, blue Mooring und zeigte nach rechts und black Mooring und zeigte nach links. Dort hingen dünne Leinen über die Reeling des jeweils dort liegenden Bootes.

Claudia in vollem Eifer nimmt den Bootshaken und angelt im Wasser nach einer Mooring. Als liebender Ehemann und verantwortungsbewusster Schiffsführer erinnere ich sie an die Worte des Capo und zeigte auf die beiden Leinen.

Mit hartem Ton wurde ich abgeledert. Diese Leinen seien es nicht!

Sie holt Ihre Backbordleine aus dem Wasser und schafft es fast, sie bis zum vorderen Drittel des Schiffs zu bringen.

Wahnsinn.

Seht selbst.


Ich ging währenddessen zur blue Mooring, führte sie entspannt von der Reeling des Nachbarbootes nach vorne und belegte sie, band sie also an die bootseigene Klampe.

Ich denke, inzwischen kann meine Liebste darüber lachen.

Sollte sie doch hin und wieder auf mich hören?


Das Boot lag, alles war gut. Boot reinigen, also Salz runterspülen und den Schmutz der Moorings beseitigen und wir konnten uns fertig machen für die erste Besichtigung der Stadt.

Catania war für uns wichtig, da hier die Crew gewechselt werden sollte.

Frau und Kind würden uns am 23.10 in Richtung Heimat verlassen und die neuen Mitfahrer würden an Bord erscheinen.

Noch am 21. 10. lernten wir Robert, einen der beiden Mitfahrer, kennen. Wir trafen uns auf dem Weg in die Stadt.

Die Auswahl der Mitfahrer selbst war auch spannend und lies mich nicht nur einmal lächeln.. Vielleicht schreibe ich dazu auch noch etwas Eigenes.

Hierbei sei anzumerken, dass dieser Weg wirklich abenteuerlich ist. Man muss durch den kompletten Yacht- und dann Industriehafen marschieren. Ich glaube, ohne Claudia hätte ich mich da verlaufen.

In der Stadt angekommen wurde eines sofort klar.

Catania ist eine laute, große Stadt. Eine Stadt, welche an jeder Ecke zeigt, welches Potenzial sie hat, welche nicht mit Hinweisen geizt, wie wunderschön sie sein könnte. Wenn man sie nur ein wenig herrichten würde.





Sie scheint wirklich an jeder möglichen Ecke kaputt zu sein.

Leider.

Ich hoffe, es geht Italien, Sizilien irgendwann wieder besser und die Menschen bekommen die Möglichkeit, ihre Stadt zu retten. Es wäre bestimmt wundervoll.

Mit einigen Mühen gelang es uns, eine Möglichkeit zu finden, etwas zu essen, denn die meisten Lokalitäten machen erst abends auf und dann ging es aufs Boot.

Nachtruhe.

Der nächste Tag war Hafen- und Stadttag. Es musste unbedingt noch ein hoher Topf gekauft werden.

Eine bedeutsame Anschaffung, erleichtert er das Kochen bei Seegang doch erheblich. Ich habe ein kleines Video beigefügt.

https://youtu.be/3RtY_fDKZDU

Insbesondere meinen Sohn begeisterte der unerwartete aber um so hübschere Besuch.

Am 23.10. kam dann Jürgen, der zweite Mitfahrer, so dass die neue Crew komplett war.

Ich reparierte noch die Gangway, eine Art Bürgersteig vom Boot an den Steg. Dort hatte sich eine Rolle der Sonnenstrahlung ergeben.

Gesagt, getan.

Dann war es soweit. Frau und Kind mussten uns verlassen.


Hätte ich damals, damals, welch großes Wort, gewusst, wie sehr ich sie vermissen würde, ich weiß nicht, ob ich die Tour angetreten wäre.

Aber, so war es nun einmal. Es würde noch oft genug schwer genug werden aber dazu später mehr.

Die beiden haben den Flieger erreicht und waren erst einmal save. Erst einmal. Es wurde noch spannend.

Für uns hieß es dann Sicherheitseinweisung, Törnbesprechung, Wetterschau und so weiter aber dazu im nächsten Teil mehr.

An dieser Stelle möchte ich mich bei Claudia und Joshua-Benedict bedanken.

Ich denke, nicht viele Familien würden diesen Wahnsinn mitmachen.

Nach Kroatien fliegen um unbesehen ein Schiff zu kaufen. Dann die ersten Mehrtagestouren mit mir segeln und das Ganze dann Urlaub nennen um mir anschließend die Gelegenheit zu geben, ohne sie weiterzufahren.

Danke dafür.

Ich weiß es zu schätzen. Ihr wart eine tolle Crew und wir, die Schweden IV und ich, wir freuen uns auf die nächsten Törns mit Euch.

Die sechste Etappe – unterwegs mit neuer Crew

oder auch

von Catania nach Marsala, was heute Licata heißt

Es war also soweit, Frau und Kind haben das Boot verlassen und die neue Crew ist eingezogen.

Die neue Crew, das waren, neben meiner Wenigkeit, Jürgen, ein lieber Freund, und Robert, ein lieber Mensch, den ich bis dahin noch nicht kannte.

Wie ich an die neue Crew kam wird Gegenstand eines eigenen Berichtes werden.

Aber hier soviel zu den beiden.


Jürgen ist ein wenig älter als ich, segelt, wenn auch in den letzten Jahren leider zu wenig, seit vielen Jahren, hatte zeitweise ein eigens Boot und wird, gemeinsam mit seiner Liebsten, nach Ankunft in Lelystad die dort liegende Schweden III übernehmen.

Robert ist eine nicht geringe Anzahl von Jahren jünger als ich. Er segelt seit einigen Jahren, meist auf dem Bodensee und der Ostsee, zeitweise aber auch im Mittelmeer.

Beide Mitfahrer sind also ausreichend erfahren um mit mir den weiteren Törn zu bestreiten.

Wir alle drei haben natürlich in den vergangenen Tagen die Großwetterlage beobachtet und mit prüfenden Blicken geschaut, was das lokale Wetter daraus zaubert.

Daher war uns allen bekannt, dass sich das Wetter Sonntag doch ein wenig ändern sollte. Es war mit Starkwind zu rechnen. Da kann man segeln, muss es aber nicht.

Also beschlossen wir ziemlich zügig, den Samstag zu nutzen um uns einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu eben diesen Windverhältnissen zu verschaffen.

Gesagt getan wurde die Kojenfrage geklärt und eine Sicherheitseinweisung durchgeführt.

Für die Nichtsegler nur soviel. Im Rahmen der Sicherheitseinweisung bekommen alle neuen Mitglieder das Boot mit seinen Einrichtungen erklärt und gezeigt. Es werden technische Fragen behandelt und auch Pläne für eventuelle, kritische Situationen besprochen.

Praktisch bedeutet dies, es wird besprochen wie zum Beispiel der Motor gestartet und abgestellt wird, wo sich der Feuerlöscher und Erste Hilfe Kasten befinden und wie das Funkegerät zu benutzen ist.

Und einiges mehr. So eine Einweisung dauert eine ganze Weile aber man muss halt verhindern, dass ein Crewmitglied im Brandfall den Feuerlöscher suchen muss. Das wäre wenig schön.

Danach heißt es dann Klarschiff machen und Leinen los. Gegen 20 vor vier ging es los.


https://youtu.be/njOwQTJ_Nrw

Raus aus dem Hafen und scharf rechts abbiegen und Kurs der Ostküste entlang um anschließend den südöstlichen Zipfel zu umfahren.

Alles war gut.

Leider zeigte es sich, dass Jürgen sich nach kurzer Zeit schwer tat. Für ihn hieß es ab in die Koje. Er war Seekrank.

Die Segler kennen das. Den Nichtseglern sei gesagt, alle werden Seekrank. Irgendwann. Auch jene, die dauerhaft auf See befindlich sind, sind immer wieder betroffen davon und es gibt eigentlich keine wirklich wirksamen Mittel. Ja, es kursieren diverse Tricks und Medikamente aber im Endeffekt muss man dann dadurch.

Ich selbst blieb bislang nahezu vollständig davon verschont, kann jedoch von den Erfahrungen mit meiner Liebsten berichten. Ihre Worte sind, wenn es sie gelegentlich erwischt, man will nur noch sterben.

An dieser Stelle eine kleine Anekdote von mir zum Thema Seekrankheit.

Als ich 2018 meinen ersten Kurs auf dem Segelboot hatte, habe ich mich gedopt, also Medikamente genommen. Keine Ahnung, ob nötig, keine Ahnung, ob sie halfen, aber ich blieb vollständig verschont.

Nach einer Woche Wohnen auf dem Boot, überwiegend im Hafen liegend, ging es mir gut. Bis ich dann irgendwann einmal auf dem stillen Örtchen war. Was war das? Es wackelte, der Magen motzte, es war, als habe ich gesoffen. Ich war aber nüchtern.

Man klärte mich auf, ich sei landkrank. Hätte man es mir vorher erzählt, ich hätte es für einen Scherz gehalten.

Heute weiß ich es besser. Ich werde regelmäßig landkrank. Ich kann bei größtem Seegang auf dem Deck herumkraxeln, ich koche bei 25 Knoten Wind unter Deck, damit meine Crew keinen Hunger leidet.

Alles gut. Aber bin ich später im Hafen, halte ich mich fern von kleinen Räumen und musste nicht erst einmal ein Geschäft verlassen, weil ich mich sonst der oral entleert hätte.

Dies kann auch einige Tage nach verlassen des Bootes noch passieren.

Aber seekrank war ich noch nicht. Dies sollte sich aber noch ändern.

 

Wieder zurück zum Thema.

Jürgen schied daher für zunächst zwei Tage fast vollständig aus. Er war gut ansprechbar, konnte zeitweise schlafen aber er war schlicht out of order.

Also war es an Robert und mir, das Schiff zu steuern.

Es passierte nichts. Der Wind kam gut von hinten, das Wasser war recht ruhig. Es wurde dunkel und nachdem wir ca. 45 Meilen hinter uns gebracht haben, es mittlerweile spät in der Nacht, erblickten wir weit voraus, also in südlicher Richtung, viele rote Lichter.

Blick in die Karte aber da war nichts.

 

Ein rotes Licht wäre klar gewesen, da ist ein Segler. Ja, ein Segler, da ein unter Maschine fahrendes Fahrzeug noch eine weitere, höher liegende, weiße Leuchte nach vorne führt.

Es war aber nicht ein Licht, es waren viele und es wurden immer mehr.

Es dauerte eine ganze Weile, bis wir auf die Lösung kam.

Ein rotes Licht ist ein Segler, viele rote Lichter sind viele Segler. Wir kreuzten ein Regattafeld, will sagen, uns kamen, aus südwestlicher Richtung gefühlt unendlich viele Segler im Rennmodus entgegen, welche Kurs nordost fuhren.

Alle kamen sie, was wir später sahen, um jenen Zipfel Siziliens gerauscht, welchen wir in umgekehrter Richtung umfahren würden.

Ich habe ein Screenshot des AIS beigefügt. Es ist nur eine Momentaufnahme. So sah es gefühlt ewig aus. Überall waren rote Lichter, also Boote. Das wurde ganz schön eng und an ein entspanntes Fahren war nicht zu denken.



Alles passte. Keine Kollision, keine Beinahekollision und keine sonstigen Verluste.

Es war anstrengend und spannend zugleich. Ich war aber froh, als wir keine roten Lichter mehr sahen.

Von da an war es wieder recht ruhig. Die Nacht ging vorbei, die Sonne zeigte sich. Es war schön.

Der folgende Tag war anstrengend. Dem für Sonntag angekündigten Starkwind um Catania herum sind wir rechtzeitig davon gefahren aber nun gestaltete es sich so, dass wir die Wellen von schräg hinten bekamen. Es waren schließlich derart hohe Wellen, geschätzt zeitweise bis vier Meter, dass wir das Ruder nicht dem Autopiloten überlassen konnten. Wir mussten selber ran und jede Welle derart reiten, dass wir Kurs hielten. Um ein wenig Abstand zur Küste zu erreichen, schlugen wir einen kleinen Haken.

Aber, auch das macht sogar ein wenig Spaß.

Irgendwann gegen 18.00 Uhr löste Robert mich am Ruder ab und ich ging unter Deck um mich ein wenig lang zu machen, soweit das bei meiner doch sehr geringen Länge überhaupt so genannt werden darf.

Ich habe gefühlt fünf Minuten gelegen, da kam von oben die Ansage, Pete, komm mal bitte.

Aufgestanden, rein in die Schuhe und erst mal einen Blick durch den Niedergang, der Treppe in die unteren Gefilden des Bootes.

Robert berichtete sofort, dass sich über dem Festland eine deutliche, schwarze Front bildete. Ziemlich zügig. Innerhalb weniger Minuten wurde aus dem Himmel eine schwarze Wand.

Wir fuhren parallel zu einem aufziehendem Gewitter und dieses kam näher.

Eigentlich wollten wir ja weiter bis Marsala fahren. Doch dies erschien nunmehr in Anbetracht des Mangels an Helligkeit am Himmel für nicht erstrebenswert. Was waren die anderen Möglichkeiten?

Nun, wir hätten versuchen können, dem Gewitter zu entkommen. Mangels Turbo hielten wir das für nicht erfolgversprechend und außerdem hatten wir kein Interesse in Richtung Afrika zu fahren.

Also war klar. Kurs ändern, nächsten Hafen suchen und los.

Der nächste Hafen lag einige Meilen entfernt, Licata. Wir mussten ca. 8 nM zurück fahren, direkt in das Gewitter hinein.

Wir waren bereits im zweiten Reff und entschieden uns nun, das dritte Reff einzulegen.

Das dritte Reff war nicht belegt, heißt, es war keine Reffleine vorhanden. Also rauf aufs Deck, die Reffleine des ersten Reffs gelöst und ins dritte eingebunden.

Das Vorsegel war bis auf einen Minirest ebenfalls gerefft.

Ehrlich gesagt war ich erstaunt, wie gut das ging. Bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 38,4 Knoten, also 8 Beaufort, ließ sich die Maus so erstaunlich gut steuern. Sie machte zu keiner Zeit einen überforderten Eindruck.

Nein, ich brauche so etwas nicht und nein, ich würde auch bei solchen Bedingungen nicht raus fahren. Diese Bedingungen waren so nicht angesagt. Aber es beruhigt, nun zu wissen, dass das Schiff damit klar kommt.

Wir hielten Kurs auf den Hafen, konnten dort dann mit Hilfe der Marinieros längs anlegen und dann tief durchatmen.

 

Es war geschafft und eigentlich ging es uns gut.

Jürgen hat von alledem nichts mitbekommen.

Montag war Hafentag. Wir wollten chillen. Jürgen ging es dann wieder gut, so dass wir gemeinsam frühstücken konnten.

Anlässlich dieser wichtigen Mahlzeit machte sich Rober auch an das Unmögliche, er entfernte die Folie vom Nutellaglas. Seht selbst.

https://youtube.com/shorts/HLN7U6hBTv0?feature=share

Anschließend wurde im Rahmen des pflichtgemäßen Spülvorganges selbstverständlich auch die dringend benötigte Tropfunterlage genutzt! Claudia Schweden

Anschließend wurden das Boot und die Segel gereinigt und getrocknet. Es wurde ein Strecktau gekauft und installiert.

Hierbei handelt es sich um eine Leine, an welcher wir uns einpicken um, sollte das Unmögliche passieren und jemand über Bord gehen, man eben durch diese Leine am Boot gehalten wird.

Es ist eine Notfalllösung. Sollte diese zum Einsatz kommen, ist vorher einiges schief gelaufen. Sie mag dann das Leben retten aber sicherlich schlimme Folgen nach sich ziehen. Ich hoffe, es war eine unsinnige Ausgabe, welche sich nie rechnen muss.

Immer wieder kamen Stegnachbarn vorbei, welche uns beglückwünschten. Man habe gesehen, wie wir nachts in den Hafen gekommen sein. Der Wind wurde in den Erzählungen, den der Nachbarn immer stärker aber Tatsache bleibt, wir haben diesen Sturm gut gemeistert. Danke meiner Crew.

Leider erhielt Robert Montag einen Anruf aus der Heimat. Aufgrund eines Unfalles in der Familie müsste er heimfahren. Er wäre gerne noch bis Marsala gefahren aber da wir nicht sicherstellen konnten, dass wir dorthin fahren, hieß es für ihn, dass, wenn wir Dienstag ablegen, er nicht mit an Bord sein werde. Er würde dann nach Hause fliegen.

Schade aber gerne wieder.

Montag lernten wir dann noch zwei wesentliche Lektionen.

Erstens, schau erst, wie groß eine Kugel Eis ist, bevor Du Dir drei bestellst. Sie war groß und drei mal groß war richtig groß. Das ganze dann in ein Brioche verpackt…..ich bin noch nie an einem Eis verzweifelt aber drohte es zu geschehen. Wir drohten alle zu scheitern. Drohten aber nur, wir gewannen.

Das andere war, die Menschen sind doch nett. Im Hafen lernten wir ein deutsches Seglerehepaar kennen. Nicht nur, dass sie uns ihre Dieselkanister liehen, damit wir an der nahegelegenen Tankstelle Diesel erstehen und abfüllen konnten, nein, kurzerhand fuhren sie mich auch mit dem Auto zur Tankstelle und dann zum Boot zurück.

Danke!

Abends gingen wir dann noch gemeinsam in die Stadt um einer Empfehlung folgend eine Pizza zu essen und ein Bier zu trinken.

Leider hatte die Pizzaria zu aber es gab eine Alternative und das Bier war um so besser.

Es war ein gefährliches Lokal. Gefährlich, weil die Kombination aus Bier, Wetter und musikunterstützter Stimmung zum Versacken einlud. Aber wir blieben standhaft und kehrten anschließend gesättigt und zufrieden zum Boot zurück.

Nachtruhe.

Dienstag war es dann soweit.

Jürgen und ich legten ab um der sizilianischen Küste folgend den Schritt in Richtung Sardinien anzutreten.

Das aber dann später.

Die siebte Etappe – von Liceta nach Vilasimius

 

26.10.2021 bis 29.10.2021 Es war soweit, es ging weiter.Robert hatte sich verabschiedet und wir, Jürgen und ich, bereiteten uns aufs Ablegen vor. Es konnte alles ganz ruhig laufen, denn Wind war nicht in Sicht. Dafür aber traumhaftes, sonniges T-Shirt-Wetter.Gegen kurz nach 11 holte Jürgen die letzte Leine ein und es ging in Richtung Hafenausfahrt.Unvorstellbar, wie ruhig und friedlich das nun alles wirkte. Nichts mehr von dem Regen, dem Sturm der vorletzten Nacht.So sollte es sein.Sicher, wir hätten uns ein wenig Wind gewünscht aber man nimmt, was man bekommen kann.

Auf jeden Fall wäre es uns schwer gewesen, unser breites, zufriedenes Lächeln zu unterdrücken.

Jürgens Grinsen war ein wenig breiter, freute er sich doch zusätzlich noch darüber, dass es ihm gut ging. Keine Übelkeit, kein Schwindel. Das sollte überwiegend auch so bleiben.






Unsere Route sollte uns zunächst in westliche Richtung bringen.

Es war ein komisches Gefühl, so halbwegs auf den afrikanischen Kontinent zuzufahren, war uns doch beiden wohl bewusst, dass dies , umgekehrt, versteht sich, eine jer Routen ist, welche die Flüchtlinge auch nehmen.

Ich weiß nicht, ob es OK ist, dies so zu schreiben aber es war das was ich fühlte und ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube.


Ich war schlicht erleichtert, dass uns das Erlebnis eines Flüchtlingsbootes erspart blieb.

Der Tag verlief ruhig, wir mussten überwiegend den Motor laufen lassen.

Zwar hatten wir das Vorsegel gesetzt und der Wind reichte, um ein wenig Vortrieb und Stabilität zu bieten, aber wirkliches Segeln war dies nicht.

Schön war es dennoch.

Jürgen versuchte sich unterwegs ein wenig in der Kunst des Angelns, es blieb jedoch beim Versuch.

Abends konnten wir am Horizont, beleuchtet durch den Sonnenuntergang erkennen, welche Mengen an Regen dort hinunterkommen. Nun, besser dort als bei uns. Zwar ist Wasser nicht giftig aber ohne ist es auch meist schöner.

 

Schiffsverkehr war auf diesem Teilabschnitt nahezu nicht vorhanden. Wir waren wirklich alleine.

Es ist ein komisches Gefühl, wenn man merkt, es ist wirklich niemand, absolut niemand in der Nähe. Niemand würde Dich hören oder sehen, sollte etwas geschehen. Auch falls Du jemanden per Funk erreichst, würde es bestenfalls Stunden dauern, bis jemand bei Dir erscheint.

Das ist der Augenblick, wo ich mir wieder darüber im Klaren war, warum ich mich an Deck immer einpicke, also mittels Sicherheitsleine am Boot befestige.

 

Gegen 14.15 Uhr konnten wir zwei Schiffe auf dem AIS erkennen. Sie kreuzten, ohne uns zu fragen, unseren Weg.

Sie wurden angepeilt und versenkt, zu erkennen an den roten Kreuzen.






Nein, die Kreuze bedeuten, dass sich die Schiffe nunmehr auf einer Position befinden, an welcher bei Aufrechterhaltung unser aller Kurse eine Kollision ausgeschlossen ist.

Man soll es nämlich nicht meinen, auch wenn die Meere unendlich weit erscheinen, schafft man es immer wieder, dass man anderen Schiffen verdammt nahe kommt.

 

Am 27. wurde es dann doch windiger. Es wurde so windig, dass die Vögel versuchten, während der Fahrt bei uns zu landen. Sie versuchten es immer wieder und gelegentlich glückte es. Es waren zwei, welche wirklich Durchhaltevermögen besaßen.

Zunächst flogen sie von hinten an und landeten dann irgendwo, verweilten einige Augenblicke und verschwanden wieder.

 

https://youtu.be/XSQJDiqBr9k


https://youtu.be/b7FDj2RpvQ8

Es war eine, wenn auch wackelige, insgesamt jedoch recht ruhige Nacht.

Am nächsten Morgen, der Wind hatte seine Richtung geändert und kam, ein wenig aufgefrischt, nun von der Seite. Wir konnten gut segeln, ließen den Motor jedoch zu dieser Zeit laufen, da ich nach der langen Nacht mit Autopilot den Batterien etwas Gutes gönnen wollte.

https://youtu.be/1IVo3Y2pQ3A

Als Jürgen dann an die Leinen ging, zappelte dort etwas und bevor wir wussten, was los ist, hat es sich der blinde Passagier in seiner Rettungsweste bequem gemacht und dort das Abflauen des Windes abgewartet.

Auch eine Möglichkeit.


Es vergingen noch einige Stunden, bis wir in der Ferne Sardinien erkennen konnten.

Hierbei muss man bitte bedenken, dass Segeln nicht Autofahren ist. Wenn man etwas sieht, dauert es mitunter noch sehr, sehr lange, bis man es erreicht. Gelegentlich, wenn man kreuzen muss, hat man auch das Gefühl, sein angepeiltes Ziel niemals zu erreichen.

 


Mich persönlich fasziniert es regelmäßig wieder, dass ich weiß, ich fahre auf einen Hafen zu, er muss da sein, die Karte zeigt ihn mir.

Nur sehen, sehen kann ich nichts.

In diesen Momenten weiß man die Leistungen der früheren Seefahrer erst wirklich zu schätzen. Sie haben dies alles ohne Elektronig und ohne aufs Genaueste vermessene Karten geschafft.

Respekt.







Aber wir haben es, wenn auch nur mit Hilfe elektronischer Navigation und moderner Seekarten geschafft.Wir sind auf Sardinien angekommen und in Vilasmius eingelaufen.Wir wurden von Mitarbeitern empfangen, welche extra für uns noch einmal zur Tankstelle kamen, so dass wir unseren Dieselvorrat auffüllen konnten.1,94 Euro je Liter Diesel. Ohne CO-Steuer.Das Boot wurde auf den zugewiesenen Platz gebracht und befestigt. Dann gab es schleunigst die langersehnte und wirklich erforderliche Dusche.

Frisch geduscht und auch sauber hinter den Ohren wollten wir dann ein Restaurant aufsuchen. Es war nicht spät, gerade mal halb neun, jedoch erwies sich dies als ziemlich schwer. Alles im Hafen war zu.

Nebensaison.

Auch der Versuch, ein Taxi zu organisieren scheiterte kläglich. Wir waren fast enttäuscht aber ich wollte essen gehen. Statt zu stampfen suchten wir Hilfe und fanden einen Mitarbeiter, welcher so freundlich war, für uns ein Taxi zu organisieren.

 

Auch er musste mehrere Telefonate führen.

 

Es war ein Genuss, ihm zuzuhören. Sprach er mit uns und auch mit seinem Kollegen vor Ort in einem ganz normal erscheinenden Klangbild, wechselte sich dies, sobald jemand am Telefon war. Hohe Stimme, schnelles Reden, besser als Hape Kerkeling einen Italiener je simulieren  könnte.

 

Wir wurden abgeholt, für angemessenes Geld in schönes Lokal außerhalb des Ortes gebracht und anschließend auch wieder in den Hafen verfrachtet.

Dann ging es ins Bett, denn die Nacht war kurz und morgen sollte es ja weiter gehen.

Dazu später mehr.





Vilasimius /It (Sardininien) nach Mao / Es
(Menorca)

8. Etzappe

29.10.2021 – 31.10.2021

Es geht weiter.

Die Nacht war ruhig und sie war für uns beide wirklich nötig. Bitte bedenke dabei, dass ich vor diesem Törn zwar schon einige nautische Meilen und auch einige Fahrten bei Dunkelheit hinter mir hatte, jedoch auf dem Weg von Komiza nach Bari meine erste, vollständige Nachtfahrt erlebte.

Seitdem wurden es inzwischen 9 solcher Aktionen. Hört sich wenig an, ist aber für die meisten Segler eine ganze Menge. Es war also gut, eine Nacht durchschlafen zu können, ohne dass der Wecker alle 25 Minuten klingelte.

Lustig dabei ist, zumindest für mich, etwas, was ich im Folgenden noch öfters erlebte.

Irgendwann wurde ich in der Nacht wach, der Atem stockte und ich war desorientiert. Gedanken auf die Reihe bringen. Wo bin ich, was mache ich gerade? Ich bin im Boot, wir liegen im Hafen, Du hast keine Wache verschlafen, Du darfst schlafen. Hinlegen und weiterschlafen. Ich war wieder sofort weg. Wer mich kennt, der versteht die Besonderheit. Ich schlafe nicht gut, ich schlafe wenig. Einschlafen dauert immer ewig und mehr als drei Stunden Schlaf am Stück habe ich selten. Umso erstaunlicher war es hier, dass ich sofort weiterschlafen konnte.

Zum Glück.

OK.

Es kam der Morgen, wir meldeten uns im Hafen an, abends war das Büro nicht mehr besetzt, um uns auch direkt wieder abzumelden.

Gegen 11.15 Uhr machten wir Klarschiff und legten ab.


Auch die Abfahrt, das Verlassen dieser Insel, welche ich vor einigen Jahren erstmals per Flugzeug bereiste, bewies, sie ist es auf jeden Fall wert, zurückzukommen.

Fahrrad oder Motorrad erscheinen als geeignete Verkehrsmittel, um die Insel selbst zu erkunden.  Wer weiß, womöglich kann ich ja demnächst darüber berichten.

Es ging zunächst in südwestliche Richtung. Zum Einen, weil wir den unteren Zipfel von Sardinien umfahren mussten, zum Anderen jedoch auch, weil wir uns nach dem Wind richteten, um segeln zu können.

Danach ging es in nordwestliche Richtung direkt auf Menorca zu.




Der Wind kam aus Südwest, was dazu führte, dass wir, um um den Landzipfel herumzukommen, hart am Wind fahren mussten.

Hart am Wind meint, wir fahren so weit auf den Wind zu, dass er von schräg vorne links auf unser Schiff trifft. Dies wirkt dann zwar sehr sportlich, reichte aber nicht, um auf mehr als drei Knoten Fahrt zu kommen. Da wir jedoch keinen touristischen Törn, sondern eine Überführungsfahrt machten und da für die kommende Nacht Starkwind für dieses Seegebiet, welcher uns in Richtung Küste gebracht hätte, angesagt war, konnten wir uns den Luxus des Trödelns nicht leisten.

Die Maschine musste zur Unterstützung zeitweise laufen. Dänisches Segeln halt.

https://www.youtube.com/watch?v=EXSk1pHC29I

Es dauerte, bis wir die Küste Sardiniens aus den Augen verloren. Ehrlich gesagt, ging uns eher das Licht, als die Küste aus. Aber ich schrieb es ja bereits, die zeitliche Wahrnehmung beim Segeln ist eine andere als auf Land.











https://youtu.be/fC-n8utb7t0

Die Nacht verlief ruhig. Wir segelten dänisch durch, so dass wir unseren Schnitt einhielten. Erwartete Ankunftszeit bei dieser Geschwindigkeit wäre Sonntag, spät abends.

Am nächsten Tag, dem 30.10., ging es zunächst los, wie es aufhörte, also ruhig. Dann jedoch wechselte die Windrichtung. Der Wind kam nun achterlich, also von hinten. Dazu hatten wir eine Welle von schräg hinten. Es wackelte sehr aber wir machten unseren Schnitt.

Die Sonne hatte sich vor uns versteckt, wir hatten einen einheitlich grauen Himmel und dazu ein tiefschwarzes Meer. Eine Stimmungslage, welche meine Seele aufs Äußerste herausforderte.

Ich zwang mich, diese Stimmung zu genießen, ihr das Gefühl von Ruhe und Freiheit abzugewinnen. Zeitweise gelang es mir und immer, wenn ich wieder einen innerlichen Tiefpunkt hatte, musste meine Liebste herhalten. Sie wurde über WhatsApp zugetextet. Ich führte eine Art mentales Tagebuch, wohlwissend, dass sie es ja zu dieser Zeit nicht lesen könne, da wir weitab von jedem Internet waren.

Aber es half.






Der Wind nahm zu, so dass wir die Segel gerefft haben. Wir kamen gut voran.

Im Laufe des Tages wechselte er seine Richtung. Traf uns nun seitlich und dann von vorne links. Wir segelten schließlich auf einem Amwindkurs. Wie ich schon schrieb, dies ist nicht wirklich die schnellste Art aber sie fühlt sich schnell an und sie stabilisiert das Boot.

Das heißt soviel wie, man liegt zwar ein wenig schräg, oder auch ein wenig mehr schräg, aber es wackelt nicht mehr so. Man kann sich darauf einrichten. Man hat auf eine gewisse Art seine Ruhe.

Für den Nachmittag war Böen von bis zu 25 Knoten angesagt. Das ist zwar nicht schlimm, jedoch Grund genug, das eine oder andere Reff einzulegen. So tat ich es auch, ich wollte nicht überrascht werden.

Denn, kommt eine Böe von der Seite oder auf einem Amwindkurs, so drückt sie das Boot schlagartig auf die Seite. Das an sich ist schon wenig erfreulich aber leider führt dies auch nicht selten dazu, dass das Schiff aus dem Ruder läuft, in Richtung des Windes fährt. Man nennt es einen Sonnenschuss. Überrascht Dich dieser, ist es echt doof.

Gegen 17.00 Uhr kamen dann auch die Böen und dazu regnete es ein wenig. Ich war zu dieser Zeit froh, auf mein Ich gehört zu haben und jetzt nicht nach vorne aufs Vorschiff zu müssen, um das Reff einzulegen.

Das macht nämlich bei Böen keinen richtigen Spaß.

Ich hatte mir die Bimini aufgespannt, den Sonnenschutz. Bei Bedarf auch gut gegen Regen. So saß ich dann im Cockpit, eingepackt in meinen Schlafsack, und wartete auf den Sonnenuntergang. Wir fuhren direkt in ihn hinein.

Sicher informierte ich meine Liebste durchgehend.

Ich hatte mir die Bimini aufgespannt, den Sonnenschutz. Bei Bedarf auch gut gegen Regen. So saß ich dann im Cockpit, eingepackt in meinen Schlafsack und wartete auf den Sonnenuntergang. Wir fuhren direkt in ihn hinein.

 

Um kurz nach Mitternacht überquerten wir die Grenze nach Spanien. Es waren noch circa 100 nM  zum angegebenen Zielpunkt vor Mao. Den habe ich nicht direkt in den Hafen gelegt, so dass es bis zum Ende des Törns noch einige mehr waren.


Der nächste Tag begann trübe und regnerisch, besann sich dann aber doch eines Besseren und schenkte uns einen angenehmen Sonnenschein.

 

Das tat so gut, insbesondere, da ich an diesem Tag wieder ein wirkliches Tief hatte. Mein Großer hatte Geburtstag und ich konnte nicht bei ihm sein. Sicher, viele denken nun, wir sehen unsere Kinder oft nicht an ihren Geburtstagen aber hier ist dies halt anders. Und ich bin halt ein Weichei.

Ich denke, ich habe meine Liebste an diesem Tag mit Nachrichten überfrachtet aber sie konnte es ja nicht lesen.

Es wurde Abend, wir hatten noch einige Stunden, bis ungefähr 22.00 Uhr oder 23.00 Uhr zu fahren aber es neigte sich dem Ende.

Um halb sieben konnten wir dann erstmals die Lichter auf Menorca sehen. Gleich was uns die Karte und das Navigationsgerät auch sagen, die Lichter in Realität zu sehen tut gut.

Wir haben es gleich geschafft.


Um circa 22.00 Uhr liefen wir in die Bucht von Mao ein.

Das Bild ist keine Meisterarbeit aber mehr war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Es war so schön, dort einzufahren.


Jürgen steuerte uns konzentriert durch das Fahrwasser und ich beobachtete die Umgebung.




Unsere Suche nach einem Restaurant oder einer anderen Möglichkeit, noch etwas Essbares zu bekommen, scheiterte.

Zwar waren noch viele Menschen unterwegs aber es waren nur die Kneipen geöffnet. So entschieden wir uns dazu, unser Abendmahl, Chips und ein Bier, an Bord zu genießen. Dann ging es ins Bett.

Am nächsten Tag wollten wir im Hafen bleiben aber dazu später mehr.