Dieppe – Lelystad
Nun hier der letzte Reisebericht, welcher Euch entführt mit mir mein großes Abenteuer zu erleben.
Nachdem wir die Osterferien genutzt haben, um das Boot von A Coruna über die Biscaya nach Dieppe zu bringen, uns dort aber der Wind nicht weiterfahren ließ, geht es also nun weiter.
Die Route ist insoweit geplant, als dass ich weiß, es geht Montag los in Dieppe und Freitag möchte ich in Amsterdam oder Ijmuiden meine Familie an Bord holen, um die endgültige Heimfahrt gemeinsam zu erleben. Was dazwischen kommt, blieb ungeplant.
Sonntag, der 08.05.2022
Die Anfahrt sollte erfolgen mittels Flixbus nach Paris und von dort aus per Zug nach Dieppe. Das schwerste daran war, den Abfahrtsort der Busse am Flughafen zu finden aber gemeinsam haben wir dies geschafft. Frau und Sohn, der große dieses Mal, brachten mich gegen 1.00 Uhr zum Abfahrtsort. Der Bus kam pünktlich und nach einigem Palaver konnte ich auch mein Klapprad im Gepäckraum verstauen.
Die Angestellten der Linie strahlten eine Freundlichkeit aus, die könnten sofort in jeder deutschen Behörde einen Job bekommen.
Die Fahrt selbst war absolut unauffällig. Keine sechs Stunden später erreichten wir die Station in Paris, Bercy und das für 29,00 EUR. Nicht schlecht.
Die Fahrt war so unauffällig, dass es mir sogar gelang, zwischendurch ein wenig zu schlafen. Den Rest der Zeit konnte ich mich angeregt mit meiner Sitznachbarin unterhalten. Einer netten Dame, welche als Deutsche in Paris lebt und arbeitet.
In Bercy angekommen wurde das Fahrrad entfaltet und es ging ab in ein kleines Frühstückslokal. Nur eine Kleinigkeit zum Wachwerden und eben einen Kaffee, sorry, Café muss es hier wohl heißen.
Von dort aus sollte es mich zum Bahnhof Saint-Lazare führen, wo ich den Zug besteigen wollte.
Problematisch war es nur, dass es mir nicht gelang, eine Fahrkarte zu erstehen. Ich bin schlicht am Automaten gescheitert.
Und ja, ich weiß, das Problem war nicht im, sondern vor dem Automaten aber auch die nette französische Hilfe war nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Mitarbeiter gab es keine und im Zug kaufen geht nicht, da man die französischen Bahnsteige nur mittels Ticket betreten kann.
Nach wenigen Minuten erkannte ich die Niederlage an und begab mich wieder nach oben ans Tageslicht. Dann fahre ich halt mit dem Bus. Der fährt zwar erst in ein paar Stunden aber ich habe ja Zeit.
Flixbusticket gekauft. Fertig.
Dann hieß es Zeit verstreichen zu lassen. Allerdings gibt es weiniger, was mir in Paris leichter fällt als ein paar Stunden rumzukriegen, insbesondere, wenn ich ein Fahrrad dabei habe.
Also ging es auf eine touristische Fahrradtour vom Bahnhof in Richtung Sacre Couer.
Dort zu sitzen, direkte Aussicht auf die Kirche, und das Frühstück zu genießen, ein Traum.
Später ging es dann zum Bus und mit diesem innerhalb von drei Stunden nach Dieppe. Dort angekommen war es ein wundervolles Gefühl. Man fährt vom Busbahnhof innerhalb weniger Minuten ins Zentrum, zum Hafen. Es ist eine Kombination aus Sport- und Fischerhafen. Es herrscht dort diese berauschende Mischung aus Tourismus und Fischerei.
Wenige Minuten später erreichte ich den Ort meiner Begierde, die Schweden IV.
Ich brachte mein weniges Gepäck, ich reiste nur mit einem kleinen Rucksack, an Bord, schloss den Strom an und füllte den vorderen Wassertank auf und dann hatte ich frei. Ich hatte frei und ich hatte Hunger.
Also fuhr ich mit dem Fahrrad um den Hafen herum, denn dort war eine mir bereits bekannte Pizzaria. Klein aber fein. Ich rechnete aber damit, dass sie wegen des Feiertages geschlossen hat, wollte es aber dennoch testen. Das Radeln schadete nach der langen Zeit des Sitzens sicher nicht.
War zu. Leider. Dann zurück zur Hafenpromenade. Dort konnte ich mir dann eine Pizza ToGo bestellen und die Wartezeit mit einem Bier am Platze versüßen.
Mit der Pizza ging es dann aufs Boot.
Ich wurde an diesem Tag nicht mehr sehr alt.
Montag, der 9.05.2022
Am Montag sollte es raus gehen. Abfahrt in Richtung Ijmiuden. Ob ich durchfahre oder irgendwo Zwischenstop mache, wusste ich nicht und ließ es bewusst offen.
Dem Charakter des Tidenknechts entsprechend habe ich die für mich die richtige Gezeit abgewartet.
Um 13.15 Uhr ging es dann raus.
Wie angekündigt herrschte sehr schwacher Wind und der kam dann auch noch so direkt auf die Nase, dass an Segeln nicht zu denken war. Dies sollte sich der Windvorhersage nach er noch ändern.
Zunächst ging es aber unter Motor los. .
Die ersten Meilen erwiesen sich als eine Art Spießroutenlauf. Das gesamte Gebiet war voller Fischernetze. Überall zeigten sich die bekannten kleinen Fähnchen und ich war wenig daran interessiert, mir eines dieser Netze in die Schraube zu holen. Aber es ging alles gut.
Gegen 19.50 Uhr kam dann ein schwacher Wind aus 30 Grad Steuerbord, so dass ich das Vorsegel gesetzt habe. Hat sicherlich 0,2 bis 0,5 Knoten gebracht. War aber schön.
Da für die Nacht eine Zunahme des Windes mit Änderung der Richtung zum achterlichen Wind angesagt war, habe ich das Großsegel erst gar nicht gesetzt.
Dienstag, der 10.05.2022
In der Nacht nahm der Wind, wie angekündigt, zu. Es waren nun zunächst einmal 17 – 22 Knoten. Mehr war für später angekündigt.
Das ist so nicht viel und führt in der Kombination mit der Welle dazu, dass das Segel gelegentlich schlägt. Damit es insgesamt ruhiger läuft habe ich es dann ausgebaumt.
Für die Nichtsegler soviel zur Erklärung. Ausbaumen bedeutet, dass lose Ende des Segels mittels eines langen Stabes, dem Ausbaumer, fest nach außen zu bringen.
Um 0.00 Uhr passierte ich so Cap Gris Nez, wobei im Kanal insgesamt eine Menge Verkehr war.
Es war nicht so viel, dass es stressig wurde, jedoch auch nicht so wenig, dass man sich hätte eine Weile unter Deck ausruhen können. Aber es war so spannend, dass die Zeit wie im Fluge verging. Immerhin besegelte ich gerade das erste mal den Ärmelkanal.
In den frühen Morgenstunden, gegen 3.40 Uhr, erreichte ich Calais. Der Wind, welche nunmehr eher als Halbwind, also von der Seite, kam, hatte, insbesondere in den Böen, zugenommen, so dass ich das Vorsegel gerefft hatte.
War sicher nicht zwingend nötig und nahm Geschwindigkeit, machte es aber für die Nacht entspannter. Ich hatte ja Zeit. Dachte ich.
Morgens kam der Wind nur noch schwach direkt von hinten. Gepaart mit der achterlichen Welle schaukelte es wieder ganz gut aber mir ging es blendend. Von Seekrankheit keine Spur. Dies war für mich erfreulich, da immer noch die Erinnerung an meinen „Horror“-Törn mitfuhr und ich Sorge hatte, wieder leiden zu müssen.
Gegen Mittag, ich segelte dänisch, also unter Motor und Maschine, passierte es dann. Der unangenehme Piepston erschien.
Für die Nichtsegler muss ich erklären. Der Motor eines Segelbootes hat meist die gleichen Warnvorrichtungen wie ein Auto. Sinken also die elektrische Spannung oder der Öldruck oder steigt die Kühlwassertemperatur, so leuchten die jeweiligen Lampen. Zusätzlich hören wir, da wir ja nur selten auf die Anzeige schauen, einen schrillen Piepston.
Kontrollblick nach draußen, Kühlwasser kommt raus, wo und wie es rauskommen soll. Maschine aus.
Prüfprogramm wie üblich, jedoch war schnell zu erkennen, das Kühlwasser des inneren Kreislaufes ist in der Motorbilge, nicht im Kühlkreislauf.
Hier wieder die Erklärung. Viele Bootsmotoren haben einen inneren Wasserkühlkreislauf. Da dieser, anders als beim PKW. nicht vom Wind gekühlt wird, holt sich der Motor Wasser von draußen, also aus dem Meer, und kühlt dieses Wasser des inneren Kühlkreislaufes und leitet dieses Seewasser dann wieder raus. Dies ist der äußere Kühlkreislauf.
Schnell war für mich klar, so kann ich nicht noch bis Ijmuiden weiterfahren, insbesondere nicht Rotterdam passieren. Also ging es nach wenigen Meilen scharf rechts nach Oostende. Den Hafen kann man gut unter Segeln anlaufen und sollte es wirklich nötig sein, könnte ich kurz den Motor starten. Dazu habe ich den Ausgleichsbehälter mit Kühlwasser befüllt.
Schnell noch telefonisch im Hafen angekündigt, insbesondere die Tiefe nachgefragt; denn laut Karte hätte es mit 1,65 m kanpp werden können. Alles gut. Anmeldung sollte jedoch dann erst morgen erfolgen, da der nette Hafenmeister nicht mehr da sein werde.
Die Einfahrt unter dem Vorsegel klappt gut, der Wind kommt während der Einfahrt, von Steuerbord. Dies ist wichtig und gut, da mir in der Einfahrt eine große Fähre entgegenkommt. Diese klaut so mir so jedoch nicht den Wind.
Im Hafen geht es direkt an den ersten Steg. Das Anlegemanöver klappt gut und anch wenigen Minuten ist an Bord alles geregelt.
Vor mir legt gerade ein Rib der Feuerwehr an. Die netten Herren verraten mir freundlicherweise den Code des Hafens, so dass ich alles nutzen kann.
Wer noch nicht in einem Hafen war, dort ist es oft so, dass der Zugang zum Hafen selbst und auch zu den Sanitäranlagen nur mittels eines Codes möglich ist. Ich käme ohne Code also raus aus dem Hafen, nicht jedoch wieder hinein.
Das Boot liegt, es ist inzwischen fast 17.00 Uhr und ich habe mich entschlossen, mich heute nicht mehr um den Motor zu kümmern. Also beschließe ich, einen ersten Rundgang zu absolvieren. Zunächst in Richtung Mole und Strand. Wie immer, es wird aus einer anderen Perspektive geschaut, welchen Weg ich eben mit dem Boot gemacht habe.
Das Wetter war wenig einladend und die gesamte Umgebung war sehr ruhig; dennoch fühlte ich mich wohl.
Der Weg zurück führte mich durch die Stadt selbst. Leider war sie völlig ausgestorben. Alle Läden geschlossen, selbst Restaurants hatten keine geöffnet. So kam es, dass ich zur Sicherung meines Abendmahles und, was noch wichtiger ist, meines nächsten Frühstücks, Butter am Automaten kaufen musste. Kaufen konnte, sollte es heißen, denn ohne wäre noch blöder gewesen.
So, nach dem ersten Marsch, erweckte Oostende auf mich den Eindruck einer Stadt, die nicht hässlich oder unangenehm ist, aber gezielt anreisen, um hier Freizeit zu verbringen würde ich sie wahrscheinlich nicht.
Der Abend war ruhig. Ich habe einige der heruntergeladenen Folgen auf meinem I-Pad geschaut, ein Bierchen getrunken und für mich gekocht. Dann war Feierabend.
Mittwoch, der 11.05.2022
Der Mittwoch sollte dem Motor gehören. Ich war früh wach und bereits gegen 7.00 Uhr hatte ich schön gefrühstückt. Während des Frühstücks informierte ich mich mittels Google und Youtube über die Bauart meines Motors.
Es galt also zu prüfen, wo Wasser austritt und wie der Schaden zu beheben sei.
Wer mich kennt weiß, ich bin technisch alles andere als unerfahren und meist auch gut mit Werkzeug ausgestattet. Nicht aber hier, denn auf dem Boot befindet sich nur ein kleiner Werkzeugkasten mit wirklich dem Nötigsten, was es gibt.
Das Wasser kam hinter dem Keilriemen heraus, daher konnte es nur die Umwälzpumpe sein. Ob die Pumpe selbst oder ein daran befestigter Schlauch ließ sich nicht erkennen.
Diese Pumpe ist dafür da, das Kühlwasser des inneren Kühlkreislaufes durch den Motor zu befördern. Hierzu muss man wissen, Volvo baute diesen Motor früher zunächst als einkreisgekühlten Motor, ergänzte dann aber um den zweiten Kühlkreislauf. Daher ist diese Pumpe eine Art aufgesetztes, nicht wirklich integriertes Bauteil.
Für den Ausbau des Riemens muss der Generator, umgangssprachlich die Lichtmaschine, welche aber kein Licht, sondern Strom generiert, entspannt werden. Hier bereits scheiterte ich, denn dafür benötige ich einen 16er Schlüssel. Den habe ich nicht.
Sicher, Zange ginge womöglich aber damit richtet man oft nicht wenig Schaden, so dass ich es erst gr nicht versuchte.
Auch hätte ich mir Werkzeug kaufen können aber schnell erkannte ich, es lohnt nicht. Ich lasse einen Profi ran.
Im Internet recherchiert erkannte ich, dass die Werkstätten erst um 9.00 Uhr öffneten. Also hieß es abwarten.
Dann gab es eine Menge Telefonate, bis mir ein Techniker zusagte, er würde gleich kommen. Bereits für 10.00 Uhr war das Erscheinen angekündigt und er hielt Wort.
Es ging dann ratzfatz. Keilriemen lösen und sofort merkte man, dass die Rolle, an deren Welle das Schaufelrad der Pumpe angebracht ist, enormes Spiel hat. Weder konnte sie dicht sein, noch Wasser Schaufel.
Eine neue Pumpe schlägt, ohne Mehrwertsteuer mit schlappen 1.006 EUR zu Buche und wäre zeitnah nicht lieferbar. Mist. Aber die Erleichterung kommt.
Der Techniker telefoniert einige Male, wird dann von Volvo zurückgerufen und bekommt die Aussage, dass es einen Reparaturkit gibt, dieser circa 250 EUR kosten und, das Wichtigste, sofort lieferbar sei.
Die Pumpe wurde ausgebaut und mitgenommen. Es sollte geprüft werden, ob eine Reparatur möglich ist.
Ich hatte den Rest des Tages daher frei und konnte die Stadt ein wenig besichtigen.
kommt morgen. Also ein freier Tag.
Erst ging es zu Fuß durch Oostende. Vom Hafen aus kann man die Türme einer offensichtlich interessanten Kirche sehen, welche es zu erkunden geht. Also, dem Hafen entlang in die Innenstadt. Heute war das Wetter freundlich gesonnen und die Stadt sehr belebt. Das macht für mich Alles direkt viel schöner.
Es dauerte auch nicht lange, da bekam ich den Anruf des Technikers, dass eine Reparatur möglich sei und man den Reparatursatz bestellt habe. Er solle morgen eintreffen. Sobald er da sei, würde man sich wegen des Einbaus melden.
Leichte Hoffnung keimte in mir auf, denn inzwischen war es Mittwoch. Sollte der Einbau nicht am morgigen Donnerstag erfolgen, würde es fast unmöglich, meine Liebsten aufzunehmen und so die letzten Meilen gemeinsam zu fahren.
Darauf habe ich mich aber so sehr gefreut und ich vermute, die beiden sich auch.
OK, es sah gut aus aber es hieß warten.
Es ging anschließend noch mit dem Fahrrad an das andere Ende von Oostende, denn ich wollte noch in einen Segelshop um dort eine niederländische Gastlandflagge, zwei Dieselfilter, ich habe sie ja in Camaret sur mer gewechselt, sowie Motoröl, kaufen.
Öl und Flagge bekam ich, den Rest leider nicht. Ich bekam aber einen Tipp. Der Segelladen Schockaert im Neubaugebiet, der habe Alles.
Donnerstag, der 12.05.2022
Der Donnerstag war ebenfalls frei, wartete ich doch auf den Anruf des Technikers. Geprägt vom Umgang mit deutschen Handwerkern schwindete meine Hoffnung, den Hafen Donnerstag verlassen zu können. Also machte ich mich erst einmal auf die Shoppingtour.
Was auf der Route zunächst seltsam wirkte war schlicht, dass es dort eine Fährverbindung gibt, mit welcher man die andere Seite des Hafens erreicht. Diese ist schnell und für den Gast kostenlos. Also begab ich mich in die Hände eines anderen Skippers.
Ach ja, es versteht sich. Als ich die Dieselfilter im Boot verstauen wollte fand ich derer ach weitere, vier von jeder Art. Der Voreigentümer war gründlich und der gewechselte Impeller war noch top.
Alle Einkäufe erledigt, sogar ein mobiles Positionslicht konnte ich ergattern, klingelte gegen 14.50 Uhr das Telefon. Der Techniker werde in 10 Minuten am Boot sein und die Pumpe einbauen. Ich beendete meine Kaffeepause und begab mich zum Boot. Ich ging weder über Los, noch zog ich 4.000 DM ein.
Er kam pünktlich, besser gesagt, sie kamen pünktlich, denn nun waren es zwei.
Der erste Einbau der fertig montierten Pumpe war schnell gemacht, gegen 15.30 wird erstmalig Kühlwasser eingefüllt. Es klingt aber seltsam und sofort sehen wir, es läuft unten wieder raus.
Die beiden haben Schlauch hinten an der Pumpe schlicht nicht angeschlossen. Es gibt im eingebauten Zustand kein darankommen, so dass alles wieder raus muss.
Dann wieder, Wasser rein, es läuft.
Ich mache es kurz. Es wurden in den folgenden Stunden noch einige Dichtungen erneuert und auch die Pumpe selbst erneut geöffnet und mit flüssiger Dichtmasse abgedichtet. Dann schien, nach vier Anläufen, alles Dicht. Probelauf. Es passt.
Gegen 19.00 Uhr sind die beiden fertig. 1.119,00 EUR. Aua. Sicher hätte man über die Stunden schimpfen können, denn mindestens zwei Durchgänge, also Einbau, befüllen, Ausbau, ging auf die Kappe der Techniker, aber ich war froh und sie haben sich wirklich Mühe gegeben.
Bezahlt, klar Schiff gemacht und um 19.30 Uhr habe ich den Hafen verlassen.
Gegen 21.30 Uhr, ich habe aufgrund guter Wind- und Wetterlage nur sehr wenig motort, Schock, es war wieder Kühlmittel in der Motorbilge. Locker ein halbes Bierglas. Mist, die Laune sinkt.
Ich machte ein Foto, schickte es zum Techniker, und überlegte, was zu tun sei.
Der erwartete Wind ließ es aber zu, die Tour fortzusetzen. Schlimmstenfalls hätte ich dann in Ijmuiden nicht weiterfahren können, da der Nordseekanal doch einen funktionierenden Motor verlangt.
Für jene, welche im niederländischen Wasserstraßensystem nicht so daheim sind nur der Hinweis, vom Ijmuiden aus sind es circa 15 nM bis nach Amsterdam hinein. Diese müssen unter Motor gefahren werden.
Wenig später rief mich der Techniker sogar zurück. Die
Der Techniker rief sogar zurück. Alles geklärt. In Ijmuiden sehen wir weiter.
Die Nacht war spannend.
Seglerisch nicht anspruchsvoll, was die Technik betrifft. Der Wind kam stetig achterlich, aber es herrschte viel Verkehr.
Es machte echt Spaß. Noch mal für mich. Ich bin im Ärmelkanal.
Freitag, der 13.05.2022
Der nächste Tag war recht ruhig.
Die Lootesnaufnahmeplätze waren interessant. Hier gehen die dicken Pötte vor Anker und warten darauf, dass ein Lotse angefahren kommt und auf das Schiff kraxelt. Dieser leitet dann den Kapitän in den Hafen von Rotterdam. Diese verdeutlicht, wie anspruchsvoll eine solche Einfahrt ist.
Dann, kurz vor 12.00 Uhr, erreichte ich Rotterdam. Es herrschte ein reger Verkehr und ich musste auf direktem Weg die Route aller dort ein- und ausfahrenden Schiffe queren.
Irgendwann kam dann auch Polizei. Ich wurde über Funk aufgefordert, unter Maschine zu fahren. Kurz schilderte ich die Situation, dass ich nicht wisse, ob die Maschine dies aus den Euch bekannten Gründen überlebt, und man erklärte mir, ich solle weiter fahren und den Bereich auf direktem Wege verlassen.
Eigentlich schade, ich hätte dort gerne ein wenig geankert. Aber im Ernst, sie waren sehr nett und ich bin froh, dass man ein Auge auf uns Hobbyseefahrer hat.
Ein komisches Gefühl ist es dennoch, wenn man merkt, dass dieses martialisch wirkende, Riesenschlauchboot nun beabsichtigt, zu Dir zu kommen.
Am Ende hat, wie erwartet, alles gepasst. Es war ein wenig wie Frogger spielen auf der Autobahn.
Nun war Ijmuiden fast greifbar. Da der Wind achterlich kam, konnte ich vor Ijmuiden anluven, also scharf rechts abbiegen und so mit Halb- bis Amwind in den Vorhafen von Ijmuiden einfahren.
Am Rande konnte ich das bunte Treiben Kiter beobachten. Ich finde es immer wieder wunderschön und faszinierend, all diese bunten Schirme zu beobachten. Faszinierend alleine deshalb, weil ich mir vorstelle, wie sich die ganzen Leinen zu einem großen Knäul verknoten, weil einer nicht aufpasst.
Die Einfahrt war unspektakulär. Dann wurde es wieder interessant. Ich segle nun nahezu 3500 Meilen und niemand hat mich kontrolliert. Niemand wollte den Mehrwertsteuernachweis sehen oder gar meine Funklizenz. Aber hier in den Niederlanden werden ich und die andere im Vorhafenbefindliche Jacht von der Polizei be- und vom Zoll durchsucht. Naja, so fast durchsucht.
Ein Zollbeamter kam an Bord. Er wollte diverse Dokumente einsehen. Nett erklärte ich ihm, ich fuhr inzwischen unter Motor und hatte daher zu Kontrollzwecken die Motorhaube, also die Treppe des Niedergangs, geöffnet, dass er selbst hinunterklettern müsse.
Es ginge ja nicht, dass ich im Vorhafen unter Autopillot führe.
Sobald er untern war sagte ich ihm, alles, was er brauche, befinde sich im Navitisch, er müsse nur schauen. 10 Minuten später war er fertig. Nur noch gefragt, welchen Diesel ich fahre und ob man mich auf Flüchtlinge angesprochen habe und schon ging er von Bord.
Dann war ich wieder allein und nahm direkten Kurs auf die erste Schleuse. Diese sollte mich nun von der Nordsee in den Nordseekanal, das erste Binnengewässer meiner Fahrt, bringen.
Das erste große Ziel für den Tag war erreicht. Ich fahre auf die Schleuse zu.
Gefühlt alle zwei Sekunden schaue ich in die Motorbilge, der Raum, in dem sich das Kühlwasser sammeln würde. Es wurde aber nicht mehr.
Das erste Schleusenmanöver stand an. Sie öffnete während ich ankam, ohne, dass ich jemanden anfunken musste. Ich konnte daher direkt einfahren. Alles klappte super und wenige Augenblicke später befand ich mich im Nordseekanal. Eine vor wenigen Monaten noch nahezu unvorstellbar entferntes Ziel.
Dann standen ungefähr drei bis vier Stunden Motorfahrt an, da ich durchfahren wollte nach Amsterdam. Da kein weiteres Kühlwasser austrat, war ich sicher, der Motor lässt mich nicht im Stich.
Mit der Frau wurde das weitere Vorgehen abgesprochen. Sie würde sich gegen 20.00 Uhr gemeinsam mit dem Zwergensohn von Lelystad aus mit Bus und Bahn in Richtung Amsterdam begeben. Dort würde ich sie dann an Bord holen oder wir treffen uns im Hafen.
Die Fahrt war ruhig, sehr ruhig. Sie war anstrengend. Anstrengend, weil man eben nicht, wie auf offener See, mal eben den Autopiloten einlegt und unter Deck geht oder sich einen Kaffee kocht. Anstrengend, weil man die ganze Zeit aufmerksam sein muss, denn auch andere, auch größere, meist größere, nutzen den Verkehrsweg und überall sind Abzweigungen. Aber es machte Spaß. Es war eine Mischung aus Traurigkeit, weil es sich nun dem Ende näherte, aus Stolz, es tatsächlich gemacht und geschafft zu haben und natürlich aus Freude, gleich Frau und Kind zu sehen.
Als ich in Amsterdam ankam, war es naturgemäß bereits dunkel. Mit der Liebsten wurde ein Aufnahmepunkt vereinbart. Diesen kannten wir durch unserer diversen, vorherigen Amsterdambesuche beide und so konnte ich ihn direkt ansteuern.
Den roten Punkt wählten wir als Zustiegsort um dann gemeinsam an den blauen Punkt, ein Steg im Sixhafen, anzufahren.
Wer nun meint, warum das so umständlich, sie hätten doch auch direkt in den Hafen kommen können, dem sei gesagt, nein, hätten sie nicht, denn wir kannten den Code für das Hafentor ja nicht.
Um 22.45 Uhr lag das Boot ordentlich gesichert am Steg. Ein cooles Gefühl.
Es wurde kein langer Abend mehr, wir waren alle platt.
Samstag, der 14.05.2022
Morgens ging es dann los in Richtung Lelystad. Es ist eine bekannte Route, wir sind sie schon einige Male gefahren.
Schleuse und Brücke waren und wohlgesonnen und öffneten jeweils nach nur wenigen Minuten. Vor der Brücke mussten wir nicht einmal anlegen.
Wer dort noch nicht war muss wissen, vom Kanal in das Markermeer gelangt man über eine Schleuse. Diese ist 24 Stunden am Tag in Betrieb. Man muss aber auch unter einer Brücke hindurch, diese wird dann, bei Bedarf, alle 20 Minuten, geöffnet. Dies allerding nicht 24 Stunden am Tag sondern nur zu bestimmten Betriebszeiten.
Von nun an hieß es die letzten Meilen unter Maschine nach Lelystad zu fahren. Es gab fast keinen Wind und der kam, wie sollte es sein, aus Lelystad. Aber auch gut, so konnten wir den Motor testen.
Alles war gut. Ich habe vor der Abfahrt die Bilge gereinigt und daher konnte ich gut sehen, dass nichts reinlief.
Beim Reinigen sah ich auch noch etwas anderes. Etwas Erhellendes.
Hinter der Motorbilge ist eine kleine, abgetrennte weitere Bilge, also ein weiterer Wasserraum. Dort befand sich blaues Kühlwasser. Es war dort hineingelangt, als die Techniker das Kühlwasser ablaufen ließen und als ich dann Oostende verließ, ist es wahrscheinlich durch den Seegang übergeschwappt in die vordere Bilge und brachte mich so fast zur Verzweiflung.
Besser so als anders.
Gegen 14.45 Uhr liefen wir in unserem Heimathafen ein. Die Familie erwartete uns bereits. Es sind jene lieben Menschen, die nun unsere Schweden III übernehmen und auch Ihr Glück im Seglerleben versuchen. Ich hoffe, sie haben so viel Freude wie wir.
Wir haben es geschafft.
Wir sind in Lelystad.
Gestartet in Veli Iz.
Es wurde ein schöner Abend, wobei ich ehrlich sein muss, es gelang mir nicht, meine Gefühle an diesem Tag so richtig zu sortieren. Dazu bedurfte es noch ein wenig Zeit.
Ich ließ es mir aber nicht nehmen, an diesem Abend die kubanische Zigarre, welche ich in Veli Iz an Bord nahm genüsslich zu rauchen und dabei ein wenig dem Alkohol zu fröhnen.
Es wurde nicht viel. Das war nicht nötig.
Sonntag, der 15.05.2022
Es war der erste Morgen im Heimathafen. Kurz nach sieben. Ich hatte Glück. Frau und Kind schliefen noch, so konnte ich mich, da wir ja nun unseren Kaffeevollautomaten an Bord hatten, endlich dem lieben Geschenk meiner großen Kinder widmen. Ich habe sie bis hier nicht angerührt.
Danke Fritzi, danke Julian.
Hier endet nun der rein sachliche, immer emotionslose und nie übertriebene Reisebericht meines bislang größten Segelabenteuers.
Ein Teil wird noch folgen, dann bin ich durch. Aber gesegelt wird auf diesem Törn nicht mehr. Wir sind zu Hause.
Herrlich unaufgeregt geschrieben. Nur wer diese Schrecksekunden und Glücksgefühle auch schon erlebt hat, kann das wirklich nachvollziehen. Sehr cool, Mann! Und alleine im Kanal…meinen Respekt.
Vielen Dank fürs Schreiben. In gerade in Oostende und fahre weiter Richtung Dchweden. GRÜßE VON SY GUTLAND! CHRISTOPH
Schöner Bericht! Und wieder einiges gelernt 😉 Vielen Dank und dir und deiner Familie alles Gute